Hühnerhaltung: Hungern für die Hühnerrechte
Seit Tagen harren die Tierschützer von Berlin-Vegan vor dem Landwirtschaftsministerium im Käfig aus und hungern - aus Protest gegen die Tierquälerei durch die Käfighaltung von Legehennen
Die zwei Demonstranten blicken müde durch das Gitter ihres Käfigs. "Schlafen kann man hier nur aus Erschöpfung", beklagt sich der 41-jährige Carsten S. Nachts sei es einfach zu hell und zu laut. Seine Augen sind vom Schlafentzug gerötet. Stephanie Goldbach, die mit ihm im Käfig sitzt, streckt so gut es geht die Beine aus. "Der Rücken tut weh. Die Beine und der Hintern auch", sagt die 28-Jährige. Besonders schlimm sei es, wenn man einen Krampf habe. Der sei auf dem beengten Raum nur schwer wegzubekommen. "Und der Magen knurrt", ergänzt der übermüdete Carsten und nimmt einen Schluck aus seiner Wasserflasche. Die beiden leiden stellvertretend für die Millionen Hennen in deutschen Legebatterien.
Seit Mitte vergangener Woche sitzen die Aktivisten von "Berlin-Vegan" in ihrem etwa zweieinhalb Meter langen, ein Meter hohen und achtzig Zentimeter breiten Käfig vor dem Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. "Auch die jetzt mögliche Kleingruppenhaltung ist eine qualvolle Käfighaltung", beklagt Barbara Hohensee von Berlin-Vegan. Sie selbst sitzt nicht im Käfig, sondern davor und verteilt Flyer an Passanten. An diesem regnerischen Tag werfen die meisten Leute allerdings nur einen kurzen Blick auf die Gestalten neben dem Eingang des Ministeriums, wenn sie überhaupt reagieren. Am morgigen Mittwoch ist Schluss mit der Quälerei in der Wilhelmstraße.
Die AktivistenInnen fordern von Bundeslandwirtschaftsminister Horst Seehofer (CSU), dass er sich an die Tierschutzgesetze hält und diese verbessert. "Nach der von ihm unterzeichneten Verordnung haben die Hennen zu ihrem bisherigen Platz in Größe eines DIN-A4-Blatts nur einen Bierdeckel mehr an Fläche dazubekommen", sagt Stephanie, die Sprecherin von Berlin-Vegan. Auch auf dieser Fläche könnten die Hennen aber ihre Grundbedürfnisse wie Flattern, Scharren oder Sandbaden nicht befriedigen. Zudem kritisieren die demonstrierenden Veganer die Einführung des Begriffs der Kleingruppenhaltung.
Ulrich Jasper, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft, unterstützt die Aktion: "Die Mehrheit der Geflügelhalter in Deutschland ist inzwischen gegen jede Käfighaltung. Nur eine verbohrte Gruppe von Käfigproduzenten und einigen Geflügelbaronen will weiter daran festhalten." Es sei ein Skandal, dass Seehofer dies unterstütze, so Jasper.
Die gelernte Juristin Hohensee sagt: "Die Erfindung der Kleingruppenhaltung ist ein Etikettenschwindel." Durch die Einführung dieser Kategorie sollten die Verbraucher getäuscht werden - weil sich Kleingruppenhaltung besser anhört als Käfighaltung. Einzelhandelsketten wie Aldi, Norma und Plus seien da schon weiter. "Sie sind bereits aus dem Verkauf von Eiern aus Käfighaltung ausgestiegen, da die Kunden verstärkt Eier aus alternativen Haltungsformen kauften", erklärt Hohensee.
Am Tag der offenen Tür der Ministerien habe Seehofer den Demonstranten sogar einen Besuch abgestattet, erzählt Käfiginsassin Goldbach. "Konfrontiert mit unseren Vorwürfen, sagte er aber, dass die Verordnungen demokratisch legitimiert seien."
Auch eine Sprecherin des Ministeriums nannte die Kritik der Aktivisten am Montag abwegig: "Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben die Möglichkeit, aus einem breiten Angebot zu wählen. Sie können also selbst entscheiden, was sie kaufen." Die Kennzeichnung sei eindeutig und klar, und die Haltungsform entspreche den Anforderungen des Tierschutzes.
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