Horst Becker, HSV-Aufsichtsratschef : Der Prügelknabe
■ ist, wie Vorgänger Udo Bandow, von Hause aus Banker und war 1990 elf Monate glückloser Präsident des HSV. Foto: dpa
Der Mann ist wie der Club, den er als Vorsitzender des Aufsichtsrats führen soll: Er versucht sein Bestes, aber es reicht nicht. Der Hamburger SV ist mit einem teuren, mit guten Spielern reich bestückten Kader Siebter der Bundesliga geworden. Kein europäischer Wettbewerb. Der HSV hat mal wieder den Trainer gefeuert und noch immer Probleme mit der Besetzung von Führungspositionen.
Die Suche nach einem Nachfolger für den im Juni 2009 unter dubiosen Umständen verabschiedeten Sportdirektor und Vorstand Dietmar Beiersdorfer endete vor ein paar Tagen dort, wo bislang gegnerische Angriffe endeten: bei Innenverteidiger Bastian Reinhardt. Bei der Suche wurden Kandidaten vorgeführt, und Kandidaten führten den HSV vor. Was im Aufsichtsrat, der den Vorstand bestimmt, diskutiert wurde, stand am nächsten Tag in der Bild-Zeitung. Alles, was dort diskutiert wurde.
Becker, 69, bekommt Haue auch für Dinge, die nicht er, sondern Bernd Hoffmann, der Vorstandsvorsitzende, oder die Struktur, die zu ändern niemand beim HSV in der Lage ist, zu verantworten hat. Zum Beispiel als Becker mit Recht darauf hinwies, dass der Aufsichtsrat mit seinen zwölf Mitgliedern angesichts der Herausforderungen eines Bundesligavereins zu groß sei.
Der Hamburger SV ist, das hat er mit der Politik in dieser Stadt gemein, Spielball partikularer Interessen. Die Einen wollen was werden, eventuell hier, eventuell wo anders, andere sich profilieren, die Dritten riechen Kohle. Alle spielen ein Spiel, was sich auf das der Fußballer auswirkt. Dieses Spiel gewinnt meist der, der es am fiesesten spielt.
Dieser Tage fallen Entscheidungen für die nächste Saison. Der HSV ist, wie in der vergangenen Saison, zu spät dran. Damals holte Hoffmann die nicht überzeugenden Kicker Marcus Berg und David Rozehnal. Wie wird Chefscout Urs Siegenthaler mit dem Vorgesetzten Reinhardt zurechtkommen? Kommt er überhaupt? Nun, nachdem ein neuer Trainer und ein neuer Sportdirektor gefunden sind, spricht Becker über Rücktritt. Die als Nachfolger gehandelt werden, lassen einen frösteln. Das will etwas heißen.ROGER REPPLINGER