■ Holz- und Abwegiges etc.: Oskar Maria Graf enttarnt Martin Heidegger
Unsereinem bleibt schon gar nichts anderes übrig, als die Feste so zu feiern, wie sie fallen. Heute zum Beispiel feierte, wenn wir ihn noch hätten, der große bayrische Erzähler Oskar Maria Graf seinen 99. Geburtstag.
In München und andernorts arbeiten sich ganze Kulturreferate daran ab, das unaufhaltsam heraufdräuende volle Jahrhundert würdig zu begehen, aber wir hier in der Metropole haben vorderhand Wichtigeres zu bedenken, die drängenden Probleme unserer Zeit, insonderheit die unaufhaltsam wachsende Bedeutung des wiedervereinigten Deutschland im uneinigen Europa; überhaupt die multikulturelle Perspektivik des ausgehenden Jahrtausends – um für heute ganz davon zu schweigen, daß das Berliner Stadtschloß auch noch artgerecht abgewickelt sein will.
Dennoch mag der Zeitpunkt gekommen sein, innezuhalten und den Blick zurück zu wenden, zurück in die fünfziger Jahre, als schon einmal Schicksalsfragen unserer Nation auf dem Spiele standen, als Martin Heidegger noch unter uns und auf rätselhaften Holzwegen wandelte für und für. Gelegentlich wurde Kritik laut, daß die taz die Auseinandersetzung mit Heidegger, mit seiner Verstrickung in die dunkelste Zeit unseres Jahrhunderts, verpaßt hätte.
Davon kann selbstverständlich nicht die Rede sein. Dennoch: hier&heute die wenig bekannte Rede „Unser Dialekt und der Existenzialismus“, die Oskar Maria Graf Mitte der fünfziger Jahre gehalten hat und in der er Martin Heidegger furchtlos in dessen Seinsabgründe gefolgt ist.
Wir zögern nicht, bei diesem Text von der Endlösung der Heidegger-Frage zu sprechen und danken dem Süddeutschen Verlag für die freundliche Abdruckgenehmigung. Willi Winkler
Die gestochen bayrische Schreibweise des Wortes „Existentialismus“ verdanken wir Graf selbst.
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