: Hof und Kapelle sind endgültig platt
■ Der Bagger war schneller / Historisches Blocklandgehöft, einst besetzt, ist jetzt futsch
Mit betretenen Gesichtern wanderten fünf Freunde des „Hofs Kapelle“gestern über das zerstörte Anwesen im Blockland. Da wühlte und brummte der blaue Bagger zwischen einem Haufen Schutt und Balken. Von Hof Kapelle selbst, dem langestreckten reetgedeckten Fachwerkbau, war nichts mehr zu erkennen. Dabei hätte das alte Haus auf diesem kulturträchtigen Fleckchen Erde, wo schon im 12. Jahrhundert die ersten Bauern siedelten, so schön werden sollen. Eine Begegnungsstätte mit Landwirtschaft zum Beispiel. Für solche Ideen hatten vor zwei Jahren zuletzt noch junge Leute per Hausbesetzung gekämpft. Allein zum Erhalt von Hof Kapelle hatte sich auch ein „Freundeskreis“aus 22 Bremer BürgerInnen zusammengefunden.
Über zwei Jahre lang hatte der Freundeskreis sich um die Rettung der vier Hektar großen historischen Hofstelle bemüht, Investitionsverhandlungen nicht zuletzt mit den evangelischen Kirchengemeinden in Horn geführt. Die hätten noch einen ökologischen Ablaß zu leisten, weil sie anderweitig wertvolles Land zur Bebauung verkauft hatten, hieß es hinter vorgehaltener Hand.
Während diese Hoffnung zerplatzte, machte der Freundeskreis zur Kapelle-Hof-Rettung weiter. Erst vor fünf Tagen hatte die Initiative aus Historikern, Umweltschützern und Bauern den gemeinnützigen Vereinsstatus errungen – mit dessen Hilfe man den Ankauf des Anwesens schneller vorantreiben wollte. „Wir hatten schon potente Käufer an der Hand“, wird im Nachhinein berichtet. Zu spät: Der Bagger entzog dem Verein brutal seinen Zweck.
Per Telefonanruf war die Nachricht am Dienstag rumgegangen: Der Besitzer des Blocklander Gehöftes – ehemals nach einer schon lange verschwundenen Kapelle benannt, in der die umliegenden Bauern über Jahrzehnte den Sonntagsgottesdienst abgehalten hatten –, der Besitzer, Bauer Bätjer also, sei wohl nicht mehr zu halten gewesen.
Warum der Mann, der den Hof vor 12 Jahren für eine runde Million gekauft haben soll, nach fünfjähriger Verhandlung mit dem Freundeskreis jetzt plötzlich das Abrißkommando bestellte, weiß niemand. Bauer Bätjer selbst war gestern nicht zu erreichen. So weiß man nur dies sicher: „Den Paragrafen 1 unserer Satzung, der die Rettung des Hofes Kapelle als Vereinsziel festschrieb, werden wir wohl streichen müssen,“sagt Architekt Rehder zerknirscht. Doch dann schüttelt er verständnislos den Kopf: „Der Besitzer hat sich mit seiner Aktion hier ins eigene Fleisch geschnitten.“
Weil der Hof nämlich bis auf die Grundmauern niedergerissen wurde, fällt er nicht länger unter den Bestandschutz. Aber nur wenn Teile des alten Gehöftes erhalten worden wären, hätte man neu anbauen können, weiß Architekt Rehder. Dies habe man ihm auch im städtischen Planungsamt versichert. „Jetzt hat der Bauer sein wertvolles Land selbst zur grünen Wiese gemacht“.
Für den nach wie vor am Kauf des Hofgeländes interessierten Verein könnten sich daraus neue Perspektiven ergeben: Jetzt dürfte das Land, um dessen Erwerb so lange gefeilscht wurde, günstiger zu haben sein. Vielleicht könnte man an den ehemaligen Standort von Hof Kapelle, hinten an der Blocklander Hemmstraße, einen anderen historischen Hof umsiedeln. „Es sind ja viele Höfe hier vom Abriß bedroht. Wir werden uns nach wie vor für das Blockland und seine historischen Gebäude einsetzen“, bestätigen auch Umweltschützer Gerold Janssen und der Uni-Professor Wilfried Wagner. ede
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