: Hochschulrektor: Mut auch nach innen! -betr.: "Britischer Student von Skinheads gejagt", taz 21.10.94
Betr.: Britischer Student von Skinheads gejagt, taz 21.10.
Der Rektor der Hochschule Bremen, Prof. Ronald Mönch, engagiert sich gegen Übergriffe auf ausländische Studierende und gegen deren Diskriminierung. Das ist sehr zu begrüßen, umso mehr, als solches Reagieren nach wie vor in dieser Gesellschaft eher außergewöhnlich als normal ist. Mit seinem Vorschlag zum Runden Tisch allerdings tut er so, als ob es hier um ein Problem am Rande der Gesellschaft ginge, das speziell bei Jugendlichen anzusiedeln sei und dem mit juristischen und pädagogischen Mitteln begegnet wirksam werden könne.
Tatsächlich aber sind Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremistische Orientierungsmuster in der Mitte der Gesellschaft tief verwurzelt. Ihnen ist also auch in der Mitte der Gesellschaft entgegenzutreten, nicht nur an ihren Rändern. Das Gilt auch für die Hochschule: So häufen sich fremdenfeindliche Vorfälle gegen ausländische Studierende ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, da die Hochschule Bremen feierlich den hundertsten Jahrestag ihrer ersten Vorgängereinrichtung begeht – und bei diesem Ereignis nicht an Relikte ihrer eigenen nationalsozialistischen Geschichte erinnert sein will. Durch massive Proteste und Interventionen aus der Professorenschaft wurde verhindert, daß in der gerade erschienen Festschrift ein entsprechender Beitrag enthalten ist Darin sollte es darum gehen, wie der Hochschule 1937 mit der Umbenennung der Langemarckstraße feierlich ein besonderer nationalsozialistischer Auftrag zur Erziehung deutscher Helden erteilt wurde – und wie problematisch weithin nach 1945 und selbst in jüngster Zeit noch mit dieser Tradition umgegangen, ja, mit welch erschreckenden Begründungen sie teilweise verteidigt wurde.
Das Engagement, das der Rektor nach außen zeigt, wäre ihm (und anderen!) auch nach innen zu wünschen. Gerade eine Hochschule, die wie diese eine Spitzenstellung in internationaler Kooperation innehat, braucht ein Engagement gegen Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremistische Orientierungen nach innen genauso(!) wie nach außen. Prof. F.J.Krafeld
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