■ Hinterbank: Kein grüner Elefant
Der eine Spitzenkandidat setzt sich Indianerschmuck auf den Kopf, um für den erneuten Weg zur Macht gerüstet zu sein. Seine Herausforderin ißt eine verdorbene Wurst, um den Gegner aus den Schlagzeilen zu jagen. Die Opposition wollte dagegen auf direktem Weg das Rote Rathaus stürmen. Mit einem Tier, auf dem schon Hannibal über die Alpen ritt und die Römer in die Flucht schlug. Mit einem Elefanten. Die Bündnisgrünen wollten. Denn nicht jedes Mittel zum Zweck ist „piessie“ – politically correct.
Die tierische Idee hatte Christian Ströbele, der fürchtete aber von Beginn Widerstand aus eigenen Reihen. Und dieser kam prompt von der „tierpolitischen“ Sprecherin Judith Demba, die wie Ströbele dem zwölfköpfigen Wahlkampfteam der Parteizentrale in der Oranienstraße angehört. Demba sorgte sich, daß das afrikanische oder indische Riesentier nicht vorwärtslaufen, sondern „nach hinten losgehen“ würde. Eine Partei, die sich für eine artgerechte Haltung von Tieren einsetze, dürfe nämlich keine Elefanten durch den Hauptstadtstraßenverkehr quälen.
Ströbele beugte sich den „besseren Argumenten“. Doch voller Sehnsucht erinnert sich der Politiker an den Bundestagswahlkampf, als er werbewirksam mit einem Esel von einem Kreuzberger Kinderbauernhof über Märkte zog. Das Direktmandat habe er damals nicht gewonnen, der Auslauf habe dem Esel aber „gut gefallen“. Wenn die Bündnisgrünen am kommenden Samstag nun mit einer „machtvollen Demonstration“ von ihrer Parteizentrale zum Roten Rathaus marschieren, werden sie das Machtzentrum nicht mehr stürmen. Denn mitgebrachte Fahrräder oder Rikschas eignen sich nicht zum Türöffnen. Um ins Rathaus zu kommen, brauchen die Grünen im Oktober wirklich ein gutes Wahlergebnis. Dirk Wildt
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