■ Heute im Kommunalkino:: All the Vermeers in New York
Heute im Kommunalkino:
All the Vermeers in New York
New York glänzt in einer eleganten, aber auch fast unmenschlich kühlen Schönheit. Eine Kamerafahrt durch die Säulengänge des Metropolitan Museums, ein Blick vom World Trade Center herunter auf die im Sonnenlicht strahlende Stadt. Wenn man aus dem Atelierfenster eines Penthouseapartments im 10. Stock nach oben auf die Wolkenkratzer sieht, hat man das gleiche Raumgefühl wie in einer europäischen Stadt auf Straßenhöhe.
Zu diesen Kamerakompositionen aus Stein, Reichtum, und Licht ist ein mondäner, sehr cooler Jazz zu hören und immer wieder werden wir ins Museum zu den Bildern von Vermeer geführt, die mit ihrer spröden Klarheit ganz ähnlich wirken wie Jon Josts Visionen von Manhattan.
Vor diesen Gemälden treffen sich auch die beiden Hauptpersonen des Films: Anna, eine französische Schauspielerin, die sich mit zwei anderen jungen Frauen ein luxuriöses Apartement teilt, und der Börsenmakler Mark, der nach dem hektischen und gnadenlosen Spiel mit Zahlen an der Wallstreet vor den Gemälden Ruhe findet. Ihre Geschichte spielt in der Welt der reichen Kunstszene und Hochfinanz; kein Wunder also, daß es nicht eine auch nur halbwegs sympathische Figur in diesem Film gibt. Jon Jost selber nennt ihn „eine Elegie auf ein Jahrzehnt voll Wahn und Korrruption, in der sozialen ebenso wie individuellen Geisteshaltung“.
Jost erzählt in Tableaus, die zwar chronologisch aufeinanderfolgen, ansonsten aber nicht den Konventionen des herkömmlichen Erzählkinos folgen. Jede Szene steht in erster Linie für sich: fast wie einzelne Portaits in einer Galerie sehen wir Mark bei seiner Arbeit an Telefon und Computer; Anna, die Mark beim ersten Treffen in einem Cafe ziemlich boshaft manipuliert, oder eine Auseinandersetzung zwischen Annas Freundin und ihrem Vater, in der statt von Gefühlen nur von Aktien und Vollmachten geredet wird.
Es wird fast ausschließlich über Geld geredet, auch das Verhältniss von Anna und Mark ist so von Anfang an korumpiert, und in der letzten Szene kann Jost diesen Teufelskreis nur dadurch durchbrechen, daß Mark stirbt und Anna sich in einem der Gemälde Vermeers auflöst.
Jon Josts Film ist eine sehr kluge Meditation über das New Yorker „Fegefeuer der Eitelkeiten“ (Die Kamera fährt einmal kurz über den Buchrücken von Tom Wolfs Roman) und eine ästhetisch überzeugende Hommage an einen niederländischen Maler des 17. Jahrhundert. Obwohl diese „Bewunderung seinem von Würmern zerfressenen Leib wenig ausmachen wird“ (so ein Zitat von Marcel Proust als Schlußmonolog des Films).
Wilfried Hippen
Cinema nur noch heute um 18.45 Uhr Englisch mit Untertitel.
Von Jon Jost zeigt das Kommunalkino außerdem im Institut Francais jeweils um 20 Uhr am Fr. „Angel City“ und am Sa. „Plain Talk & Common Sense, sowie am Mo. und Di. um 18.45 Uhr im Cinema „Sure Fire“
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