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Hertha BSCTreffende Gastgeschenke aus Berlin

Vielleicht will die Hertha gar nicht mehr gewinnen? In Hannover gerät das Team nach zwei dicken Fehlern mit 0:2 in Rückstand und schafft gerade noch so den Ausgleich

Dem feinen Zwirn, den ihr Trainer Lucien Favre während des Bundesligaspiels bei Hannover 96 trug, konnten die Spieler von Hertha BSC nicht gerecht werden. Zwar drehten sie ein verloren geglaubtes Spiel nach einem 0:2-Rückstand noch halbwegs um - in ein 2:2. Aber auch dieser Punktgewinn ändert nichts an der Tatsache, dass die Berliner Fans nun seit acht Spieltagen auf einen Sieg warten.

Hertha hatte in Hannover zu Beginn die Spendierhosen an. Beide gegnerischen Treffer servierten die Gäste dem Team von Trainer Dieter Hecking nonchalant auf dem Silbertablett. Beim 0:1 grätschte der unglückliche Steve von Bergen einen Schuss von Mike Hanke, der deutlich neben den Hertha-Kasten geflogen wäre, ins eigene Netz. Und beim 0:2 war Josip Simunic im Verbund mit seinem Keeper Jaroslav Drobny der Vorbereiter für Jiri Stajner, der das Leder nur noch locker ins Hertha-Gehäuse schieben musste. Doch weil Hannover nicht konsequent nachsetzte, schafften Sofian Chahed per Handelfmeter und Lukasz Piszczek mit seinem ersten Tor für die Hertha nach der Pause noch den Ausgleich und retteten den Berlinern einen Punkt.

Nach Spielende sprach auch Hertha-Manager Dieter Hoeneß von Geschenken an die Hannoveraner. Er versuchte aber, aus einer ganz miesen ersten Halbzeit noch etwas Positives herauszuziehen: "Ich war mit der ersten Viertelstunde hochzufrieden. Und dann kriegst du aus Nichtsituationen zwei Tore."

Trainer Lucien Favre war da schon kritischer. Er lobte zwar den Charakter und die individuelle Reaktion seiner Spieler, beurteilte die Situation in der Liga aber skeptisch. "Ich kann nicht zufrieden sein. Es ist schwieriger geworden, gegen uns zu gewinnen. Aber wir wollten mehr Punkte haben", gestand der Schweizer Coach. Das 26-minütige Comeback von Torjäger Marko Pantelic nach längerer Verletzungspause machte zumindest Mut für die letzten vier Saisonspiele.

Denn die Offensive bleibt die Schwäche der Berliner, auch wenn der junge Pole Piszczek, kurzfristig für den wegen seiner kranken Tochter auf Heimaturlaub weilenden Brasilien-Stürmer Lima eingesprungen, seine ordentliche Leistung mit einem Kunstschuss zum 2:2 krönte. "Ich freue mich sehr, dass Piszczek getroffen hat", sagte Hoeneß und kündigte personelle Maßnahmen für die Problemzone an: "Es wird keinen Umbruch geben, aber wir müssen im vorderen Bereich etwas tun. Deshalb werden wir einen neuen Stürmer verpflichten."

Das ist auch nötig. Nach dem glücklichen 1:0-Sieg gegen Arminia Bielefeld kurz nach Beginn der Rückrunde hatte Hoeneß noch davon gesprochen, nun sei der Punktabstand kleiner zu den Uefa-Cup-Plätzen als zu einem Abstiegsrang. Die Situation hat sich seitdem umgekehrt. Dreizehn Punkte trennen die Hertha derzeit vom internationalen Fußballgeschäft, aber nur acht Punkte sinds zu einem Abstiegsplatz. Doch von Abstiegsgefahr wollte der Manager nichts wissen: "Ich habe keine Angst, nach unten zu gucken. Da gibts Teams, die vor uns absteigen werden."

Dennoch geht es Hoeneß lediglich darum, "vernünftig über die Saison zu kommen. Ich hatte von Anfang an gesagt, dass wir ins gesicherte Mittelfeld wollen, und da stehen wir jetzt." Wie tief sind die Herthaner doch mit ihren Ansprüchen gesunken.

Gleichwohl bleibt ein Silberstreif am Berliner Fußballhorizont. Noch einmal Hoeneß: "Ich bin schon zuversichtlich mit Blick auf die kommende Saison." Na denn.

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