Herfried Münklers Buch zum 1. Weltkrieg: Leichtsinn, Zufall und Paranoia
Politikwissenschaftler Herfried Münkler breitet auf 900 Seiten ein Panoramabild des Ersten Weltkriegs aus. Seine These: Das Desaster war nicht zwingend.
Im Stellungskrieg an der Westfront gab es etwas Neues, in keiner Schlacht zuvor Dagewesenes. „Höchstens 80 m vor uns liegen ca. 6–8 tote Franzosen, die ungefähr schon zwei Monate alt sind. Durch mein Fernglas bemerke ich die aschfahle, fast schwarze Verwesungsfarbe im Gesicht des einen“, notierte Ernst Jünger am 4. Januar 1915.
Der Literat Robert Ranke-Graves, der aufseiten der Briten kämpfte, schrieb: „Ein widerwärtiger Geruch wehte zu uns herüber. Die Gesichter der Toten wurden zunächst fahl, dann gelblich-grau, rot, purpur-grün und schwarz, bis sie zum Schluss die Farbe des Schlammes annahmen“. Dass Leichen wochen- und monatelang im Niemandsland zwischen den Fronten verwesten, war neu. Auch wenn die Toten oder die Reste der Körper bestattet worden waren, war das in Frontnähe keine Ruhestätte. Das Trommelfeuer der Artillerie pflügte auch die frischen Gräber um.
Der Erste Weltkrieg kostete 17 Millionen das Leben. Er war der erste industriell geführte totale Krieg. Im deutschen Kollektivgedächtnis spielt er keine große Rolle. Er gilt hierzulande, ganz anders als in Frankreich und Großbritannien, als Vorgeschichte der wahren Katastrophe, des Zweiten Weltkrieges.
Der Erste Weltkrieg wurde, so Herfried Münkler, „bloß noch als Ausgangspunkt einer Erzählung von deutscher Hybris und deutscher Schuld betrachtet“, anstatt kühl Entscheidungsabläufe und Langzeitwirkungen zu studieren. Die Schlüsselfragen, die in Münklers Kriegspanorama „Der Große Krieg“ verhandelt werden, sind die bekannten: Warum kam es zum Krieg? Warum waren die Mächtigen in Berlin, Paris und London unfähig, ihn zu beenden, obwohl die Offensiven Millionen Soldaten das Leben kosteten, ohne den Sieg näher zu bringen? Was war aus deutscher Sicht eigentlich Sieg?
Kein zwingendes Desaster
Es gab, so Münklers zentrale These, keinen zwingenden Weg in das Desaster. Der August 1914 war nicht, wie es Fritz Fischer 1961 skizziert hatte, das logische Ergebnis des deutschen Militarismus. Zwar drängten Generale vor 1914 zum Präventivkrieg gegen Frankreich. Berühmt wurde Generalstabschef Helmuth von Moltkes knappe Formel: „Je eher, desto besser“. Doch die meisten in den politischen Eliten, nicht nur in Berlin, hielten einen großen Krieg für möglich, aber unwahrscheinlich und vor allem für nicht führbar. Reichskanzler Bethmann Hollweg setzte eher auf Ausgleich. Die Ökonomien waren ja so vernetzt wie noch nie.
Vor 1914 schienen sich die imperialen Konkurrenzen eher beruhigt zu haben. Das Bild hat insofern mehrere Seiten: In Berlin planten kriegslüsterne Militärs, die unzureichend von Politikern im Zaum gehalten wurden, den Krieg. Doch wie passt die strategische Kriegsplanung des Deutschen Reichs zu der Tatsache, dass im Herbst 1914 die Munition knapp wurde?
Zum Krieg kam es, so Münkler, aus einer Mischung aus Leichtsinn, Zufall und strukturellen Gründen. Das Deutsche Reich, eine rasch und rüde aufstrebende Wirtschaftsmacht wie China heute, war in der Mitte Europas nicht stark genug, um den Kontinent zu beherrschen. Und nicht schwach genug, um zu verstehen, dass es auf Frieden angewiesen war. Das Deutsche Reich wähnte sich eingekreist – Frankreich und Großbritannien wiederum glaubten sich von dem deutschen Großmachtgehabe bedrängt. Die prekäre deutsche Mittellage war in dieser Sichtweise doch ein entscheidender Faktor: Nährlösung für die Paranoia auf allen Seiten, die im Juli 1914 die Katastrophe beschleunigte. It’s Geopolitik, stupid!
Schon sechs Monate nach dem Überfall Deutschlands auf Belgien waren mehr als drei Millionen Soldaten tot, verwundet oder gefangen genommen worden. Die deutsche Generalität ahnte, dass der Krieg nach dem Scheitern des Schlieffen-Plans, des als Blitzkrieg im Westen geplanten Feldzugs, kaum zu gewinnen war. Doch gerade weil es schon so viele Opfer gegeben hatte, wurde weiter gekämpft, mit noch mehr Tonnen von Granaten, Toten.
Analyse des Versagens
Münkler ist kein Historiker, sondern Politikwissenschaftler. Er hat anders als Christopher Clarke, der in „Die Schlafwandler“ akribisch die Vorgeschichte des Krieges rekonstruiert hat, keine Quellenbestände durchforstet. „Der Große Krieg“ ist im Kern die Analyse des Versagens des politisch-militärischen Komplexes im wilhelminischen Deutschland. Es ist der Versuch, die Binnenlogik nachzuzeichnen, in der sich die Akteure – die Militärs Moltke, Erich von Falkenhayn und Erich Ludendorff und Kanzler Bethmann Hollweg – bewegten.
„Der Große Krieg“ entwirft ein facettenreiches Bild. Wir springen von den verwüsteten Schlachtfeldern Flanderns in die Strategien des deutsche Generalstabs, von Schilderungen der weitgehend in Vergessenheit geratenen Verheerungen an der Ostfront zu dem Anfall kollektiver Todessehnsucht, der Künstler befiel.
Wahn der Künstler
Ernst Barlach schrieb: „Opfern ist eine Lust, die größte sogar.“ Der Maler Franz Marc: „Die Welt will rein werden, sie will den Krieg.“ Thomas Mann adelte den preußischen Militarismus zur „deutschen Moralität“.
Ein Novum dieses Krieges war auch, dass sich deutsche Professoren als Einpeitscher betätigten, die militärisch kenntnisfrei alles jenseits eines Siegfriedens als Verrat denunzierten. Es gab zuhauf nationalistische Akademiker, die im Massenschlachten ein Mittel gegen das Vordringen „französischen Kokottentums“ an die deutschen Universitäten sahen. Der politisch irrende Intellektuelle ist hierzulande keineswegs nur eine Figur der Linken. Die irrwitzigen Weltmachtfantasien deutscher Bellezisten machten die ohnehin zaghaften Versuche, politische Lösungen zu finden, noch schwieriger.
Der böse imperiale Traum von einem Deutschland vom Atlantik bis zum Ural war ein Grund, warum der Krieg immer weiterging. Weil das Deutsche Reich uneins über den Sieg war, war es unfähig zu Kompromiss und Frieden, zumal die zivile Politik bis 1918 immer mehr unter die Fuchtel des Militärs geriet.
Als Gegenfigur inszeniert Münkler den Liberalen und Soziologen Max Weber. Der war ein eifriger Anhänger des deutschen Kolonialismus, aber nach 1914 einer der wenigen pragmatischen Köpfe. Das Debakel des wilhelminischen Deutschlands war, so die These, weniger der Überfall auf Belgien oder der Gaskrieg. Es war die Unfähigkeit zu begreifen, dass der Krieg nicht zu gewinnen war. Eine Blindheit, die in der Eskalation des U-Boot-Krieges gipfelte.
Unübersichtliches Gefecht
Münkler entfaltet gut lesbar ein Panorama des Krieges. Dieser Krieg, so das Credo, hätte „mit mehr politischer Weitsicht vermieden werden können“. Das ist ein scharfes Dementi zu Lenins Imperialismustheorie, derzufolge der Krieg das Resultat kapitalistischer Konkurrenz war.
Ist das überzeugend? Zwangsläufig ist kaum ein historisches Ereignis: Auch die Französische Revolution 1789 oder die Russische 1917 waren nicht zwangsläufig und wären, wenn die herrschenden Eliten klüger gewesen wären, vermeidbar gewesen. Historische Konjunktive sind stets etwas ungefähr. Das unübersichtliche Geflecht von Bedingungen, Zufällen, Interessen existiert ja fast immer. Der Debatte um 1914 würde ein intelligentes Update der Imperialismustheorie jedenfalls guttun.
Warum soll uns dieser Krieg heute noch interessieren? Sind Pickelhauben und Preußendrill nicht längst versunkene Vorgeschichte? Reichskanzler Bethmann Hollweg strebte nach 1914 „einen mitteleuropäischen Wirtschaftsverband mit Frankreich, Belgien, Holland, Polen, Österreich-Ungarn, Dänemark unter äußerlicher Gleichberechtigung, aber tatsächlich unter deutscher Führung“ an. Deutschland als ökonomische Leitmacht in einer Nord-EU, das klingt auch 2013 ziemlich vertraut.
Ist Deutschland wieder in der prekären Situation, für die Rolle des Hegemonen in Europa zu klein zu sein und zu groß als einer unter vielen – nur dass nicht mehr mit Flottenaufrüstung, sondern mit Kreditlinien gekämpft wird? Münkler riskiert keine Prognose. Er zweifelt leise, ob die Mittellage 2013 „noch die Bedeutung hat wie zu Beginn des 20.Jahrhunderts“. Der Schlüssel, die Furien der Konkurrenz zu bändigen, liegt wie damals im deutsch-französischen Verhältnis. Solange diese Achse funktioniert, bleibt Europa pazifiziert.
Leser*innenkommentare
Bastler4711
Gast
"Seine These: Das Desaster war nicht zwingend"
für diese atemberaubende, und in vielen Büchern bereits dargelegte 'Erkenntnis' hätte er nicht 900 Seiten schreiben müssen.
Einfach mal in den nächsten Buchladen gehen ...
Der Arbeiter
Gast
"Das Debakel des wilhelminischen Deutschlands war, so die These, weniger der Überfall auf Belgien oder der Gaskrieg. Es war die Unfähigkeit zu begreifen, dass der Krieg nicht zu gewinnen war."
Klingt bisschen wie der Kampf gegen die Finanzmärkte heute. Und selbst wenn er nicht zu gewinnen ist, werden Wirtschafts- und andere Intelektuelle nicht müde zu betonen, dass das neoliberale Stahlbad deutschen Männern und Frauen endlich die Verweichlichung aus Wohlstands-BRD-Zeiten austreibt. Rigide Systeme werden aufgebaut, um Desertion zu verhindern. Geschichte wiederholt sich als Farce, und kein Münkler mag Kritik an der Obersten Wirtschaftsleitung üben.
Desillusionist
Gast
Nein, es gibt leider mehr, das für eine gewisse Zwangsläufigkeit spricht, als dagegen.
Man lese nur einmal die Meinungen heute als aufgeklärt geltender Literaten und Wissenschaftler an, Thomas Mann oder Siegmund Freud beispielsweise. Darüber kann man heute nur noch mit dem Kopf schütteln, aber das waren Meinungen zum Kriegsbeginn, die damals im gebildeten Bürgertum eine Mehrheit hatten.
lowandorder
Gast
ff
Heute nun
- post Ost/West-Schisma -
reichen Produktionslinien bis in das letzte Dorf von Bangladesh; aber auch - muß China feststellen, daß es ihm gar nichts nützt, daß ihm nominel wie nominal mehr als die Hälfte der USA via money gehört ( die Creek lassen ironisch grüßen);
wohin die derzeit gängige Übung unvorstellbare nichtwirtschaftende Geldmengen risikolos zu mehren, wo diese permanent Blasen genierende Übung hintreibt, weiß niemand zu sagen (" holt sie vom Himmel" - die taffies in ihren Lear-Jets!);
=>allweil Steuern schlauchen wird auf Dauer nicht gehen!
Ja und der wirtschaftlich-militärische Komplex? - geschickt abgesichert über Netzstsaubsauger ala NSA -
hat schlicht keinen Plan;
das zeigt - ganz banal als Spiegelung die GroKo und vor allem ihr Koalitionsvertrag;
indem er NICHT EINES der grundlegend anstehenden Probleme 'schlands wie der EU tatsächlich lösungsorientiert in den Blick nimmt.
Wenn ich mir Drohnen-Thomas und
Hänschen kleinFriedrich - aber auch SigipopgunterGabriel so vorbeimerkeln lasse: da seh ich wieder dieses epaulettenhafte schwer auf dicke Hose machen!
( gefühllos wie unser IM angesichts dem Floß Lampedusa:" wir können erwarten, daß die Italiener ihre Hausaufgaben machen!"
sorry - aber wer so redet, der setzt auch Drohnen gegen Demonstranten, Flüchtlinge - Menschen ein)
Es ist kalt - nicht nur in 'schland.
lowandorder
Gast
Nachklapp
"… Die Ökonomien waren ja so vernetzt wie noch nie.…"
Ja - und sind das erst wieder seit
- The Wall comes down!
Ein kluger Wirtschaftswissenschaftler hat diese Parallelität vor ein paar Jahren hier in der taz auf ner knappen, leider versusten Seite dargelegt;
wichtiger Unterschied gehen vor 14
- die Geldmengen und deren Beschleunigung.
Aber - Dank Unterseekabel war die Weltwirtschaft global geworden
( Szenario auch und gerade während des WK I - aber auch II - für schwer verschwörungstheoretische Geschichten: Treffen zwischen den Fronten; klar Juden dabei; z.B. Nichtbombardierung Remscheid, weil Ami-Geld in dortiger Industrie usw usf).
es hilft aber, zu kapieren, daß "die" Wirtschaft, soweit nicht Kriegsindustrie, wenig Interesse an einem Krieg hatte, haben konnte;
aber daß das imperiale Denken vs vernetzt-globalem Denken noch deutlich in der Vorhand war;
und die Zeit - in der ein Außenminister über Flaschenbierhandel in einer nunja Großstadt promoviert war - noch in weiter Ferne lag.
Kurz - die Epauletten waren noch deutlich vorne;
der Stresemann noch nicht die gängige Diplomatengewandung.
aca
Gast
Der Krieg wäre natürlich zu verhindern gewesen soweit hat der Autor recht, danach rutscht er aber ab in die ebenso verbreitete wie falsche Ansicht das das deutsche Kaiserreich die Hauptschuld getragen hätte (besonders das preussisch-deutsche Militär), die Entente hatte genauso wenig Interesse am Frieden und schob sich mit imperialistischen und revanchistischen Wünschen herum. Russlands Panslawismus, Englands "Britannia rules the waves" und Frankreichs "Rache für 1871" sind alle keine hehren Motive.
Hamburger
Warum eigentlich immer zwingend diese deutsch-französische Achse? Ich finde "Staatsfreundschaften", auch wenn sie oft etwas künstlich herbeigeredet werden, eine gute immer Sache. Aber die deutsch-polnische Achse sollte man auch stärken und vor allem sehen. Hier ist das Brückenbauen mit Hinblick auf die slawisch geprägten Staat mindestens genau so wichtig
*** Dieser Kommentar hat die taz-Qualitätsprüfung durchlaufen ***
Kristian Matthes
Gast
Warum der Krieg nicht eher beendet wurde? Weil die Entente sowohl 1916 gegenüber Bethmann-Hollweg, als auch 1917 gegenüber dem Papst klar zeigt, dass es seitens der Alliierten überhaupt gar kein Interesse am Ende des Schlachtens gab.
Hamsun
Gast
@Kristian Matthes vollkommen richtig. systematisch unterschlagen wird ebenso die kriegshetze besonders der engländer spätestens seit dem ausgehenden 19. jh. klar gab es auf seiten der deutschen nationalisten und kriegstreiber, die gab es aber mindestens in gleichem maße auch auf seiten der engländer und franzosen. clark zeigt das ja sehr gut.
738 (Profil gelöscht)
Gast
Wer sich für Befindlichkeiten, Mutmaßungen und den ganz großen emotionalen Entwurf interessiert - der möge das Buch lesen. Für allen anderen gilt: "Im Westen nichts Neues".
738 (Profil gelöscht)
Gast
Wer sich für
738 (Profil gelöscht)
Gast
Wer sich für
Yoram Hartmann
Warum uns das heute interessieren sollte? Ich sehe da weniger Parallelen zwischen Deutschland 1914 und Deutschland 2013 als eher Parallelen zwischen Deutschland damals und China heute. China hat ist ein aufstrebende macht, die durch ihren Aufstieg das Gleichgewicht durcheinander bringt, zu mächtig, um mit den anderen asiatischen Ländern auf Augenhöhe zu verkehren, aber schwach genug, um Einkreisungsängste zu entwickeln. Geschichte muss sich nicht wiederholen. Aber aufpassen sollte man schon.
B. Wondraschek
Gast
Münkler und Clarke können, soweit ich die Medienberichte über ihre Arbeiten richtig interpretiere, Fischers These vom Krieg, der von den militärischen Eliten gewollt wurde, nicht widerlegen, nur relativieren.
Vielleichtr wollen sie es gar nicht.
Es gab in den militärischen Planungen im Ersten wie im Zweiten Weltkrieg einen spätesten Punkt. Für Weltkrieg II lag er bei 1942, dank der Überschuldung des deutschen, auf Kriegswirtschaft ausgerichteten Staatshaushaltes. Für den Ersten Weltkrtieg belegte Fischer deutsche Genaralstabs-Berechnungen, wann die zaristische Armee unschlagbar geworden wäre, man schätzte damals, es wäre um 1916 herum.
Dass es neben entschlossenen Militärs, geltungssüchtigen chauvinistischen Eliten und einen vom eigenen Glanz besoffenen Kaiser auch vernünftig zögernde Politiker gab, tut der These von erfolgreihen Kriegstreibern auf deutscher Seite keinen wesentlichen Abbruch.
Wie das auf Entente-Seite aussah, weiß ich nicht.
Moral von der Geschichte: Leute, traut niemals dem militärischen Denken.
arunto
@B. Wondraschek Das Interessante zumindest am Buch von Clarke ist für mich, dass es so schrecklich viele Beteiligte gab, die den Krieg wollten bzw. für strategisch unausweichlich hielten - nicht nur, aber eben auch die deutschen Militäreliten. Insoweit ist es sachlich keine Widerlegung Fischers, allerdings eine deutliche Verbreiterung des Untersuchungshorizonts.
Dieter
Gast
Was ist denn an der These, daß der Erste Weltkrieg nicht zwingend passieren mußte, überraschend? Das ist er doch nur bei der Betrachtung im Nachhinein. Schauen wir doch mal auf den Kalten Krieg, der wieder Erwarten nicht ausgebrochen ist, obwohl er zweimal hätte ausbrechen müssen: das erste Mal, als in der Kuba-Krise ein sowjetisches U-Atom-Boot angegriffen wurde, das Befehl hatte, in diesem Fall atomar anzugreifen, und zum zweiten Mal im Kalten Krieg, als die Raketenabwehr der UdSSR einen Angriff mit zwei US-Raketen meldete, und ein Oberst feststellte, daß es ein Fehlalarm war. In beiden Fällen waren es keine Systeme oder Konferenzen, die das größte Unglück verhinderten, sondern Entscheidungen einzelner Menschen. Die Krise während des Manövers Able Archer ist eher ein Beispiel für planmäßiges Handeln zum Abwenden einer Krise.
Dreimal hätte eine schlimmere Katastrophe als der 1. WK geschehen können, und im Nachhinein wäre an den Lagerfeuern Europas (Universitäten wären dann selten geworden) ebenso davon geredet worden, daß es ja so kommen mußte.
lowandorder
Gast
ff
Oder zur rücksichtslos-ungebrochenen Selbstherrlichkeit der Militärs auch so:
Als der Stahl-Industrielle Possehl bei einem von " Lotte" Erasmi
(ja der mit den Dosen ) initiierten Treffen mit SM (vulgo später "Willem dem Doofen"), SM darauf verwies, daß in keinster Weise für die Zivilbevölkerung für einen Krieg vorgesorgt sei
( Drahtverhau- und Steckrübenwinter kam ja dann auch);
ja da entblödete sich ("Pfeffersack") die Generalität nicht, ihn während des Krieges unter einem Vorwand des Hochverrates anzuklagen:
hatte man doch beim Rußlandfeldzug Possehl-Schienen auf russischem Boden gefunden.
(Des Rätsels Lösung: gekauft hatten sie die Japaner und diese - wiewohl mit Rußland 1905 im Krieg - diesem (ganz Koofmich - Kurt Tucholsky) verkauft; die Ruhrbarone retteten ihn).
Und - "sind die Krauts heute"? - gewachsen?
Brandt,Schmidt,Kohl - noch ja;
Schröder, Lafontaine, Merkel - ganz klar: nein!
Letztere - haben den bösen Satz:
"Wieso haben die eigentlich den Zweiten Weltkrieg geführt?
- ´schland reicht doch jetzt eh mindestens bis zum Ural"
schlicht nicht begriffen.
GazPromGerd und BMWJoschka unisono:
WIR SIND WIEDER WER
die verFührerische Melodei ist bekannt;
un ahls wigger.
lowandorder
Gast
Deutschland ist nichts,
aber jeder einzelne Deutsche ist viel.
(Goethe 1808)
Und jetzt also Heribert Münkler die Zweite zum Ersten..
"...Dieser Krieg, so das Credo,
"hätte mit mehr politischer Weitsicht vermieden werden können.""
Mit der von Willy-Brandt gern kolportierten
lübschen Weisheit:
"...wenn meine Oma Räder hätte, wär se nen Onebus."
Anders gewendet:
wer sich solcherart einem komplexen Gegenstand nähert,
verfällt leicht der self-fullfilling prophecy.
Und - so what?
Nichthistoriker hin - Politologe her;
nehmen wir mal zu Jöhten ergänzend Sebastian Haffners
Weimar- also post-WK I-statement als weitere Folie:
"...Dieser furchtbare Nationalismus und dieses
"Wir sind unschuldig am Krieg und haben ihn eigentlich gewonnen",
das war grauenvoll."
Dann wird des Pudels Kern klarer:
Eine jenseits der Klein- und Mittelstaatlerei
nicht wegzudiskutierende Hybris - ein ungebrochener
rücksichtsloser Größenwahn, gegen den
"(die) Krauts nicht gewachsen waren".
Genau deswegen läuft eine solche Sentenz ins Leere:
"...Doch wie passt die strategische Kriegsplanung des Deutschen Reiches zu der Tatsache, dass im Herbst 1914 die Munition knapp wurde?"
Weil - s.o. und das genau macht blind;
zumal niemand zuvor - wie richtig angemerkt, einen solchen "industrialisierten Krieg" geführt hatte.
Und nochens: - " ..(das)Scheitern des Schlieffen-Plans, des als Blitzkrieg im Westen geplanten Feldzuges..." - sagt eigentlich alles.
(Hitler hingegen hatte vordergründig aufgrund der von ihm durchgesetzten Panzerarmeen diese Mittel dafür sehr wohl - mit bekanntem Hybrisende).