piwik no script img

Archiv-Artikel

Heimliches Knutschen im Proberaum: Contriva im Westwerk Die Melancholie treibt voran

Die Leichtigkeit des Lebens, an einem Frühlingstag frisch duftend aus der Waschmaschine gezogen – so ähnlich riecht die Musik der Berliner Band Contriva. Nur einige Takte davon – und man beginnt in Liebe zu taumeln. Welche Band aus Deutschland klingt ähnlich rührend, ohne rührselig zu sein, kristallin, ohne zu schneiden, so melancholisch und utopisch gleichzeitig?

Contriva machen mit Bass, Gitarre, Schlagzeug und Keyboard eine Musik, die so klingt, als ob das Herz zerspringen will. Viele der Instrumentalstücke Contrivas loten Gegensätze aus zwischen laut und leise, Wohlklang und Störgeräusch. „8 Eyes“, eines ihrer schönsten Stücke, beginnt über einer eruptiv verzerrten Gitarre, deren Feedbacks laut aus dem Verstärker brechen. Doch im nächsten Moment ist alles anders. Eine sanfte Akustikgitarre zirpt über einem melodiösen Basslauf, die Orgel kitzelt das Gemüt, das Schlagzeug tuckert stetig wie ein Schiffsmotor.

Und noch ein anderer Gegensatz ist in dieser Musik: Sie klingt schön und traurig. Es ist der melancholische Zug, der sie vorantreibt. Immer zieht es die seit 1997 bestehende Band aufs Land, wenn sie ein neues Album aufnimmt – als ein Ort des Innehaltens und des Nachdenkens.

If You Had Stayed, das aktuelle Album der Gruppe, zeigt Contriva auf dem Höhepunkt ihres Schaffens – und klingt beinahe zu schön, um wahr zu sein. „Die küssen doch heimlich im Proberaum“, munkeln solche, die sich all diese Liebe nicht erklären können. Und ja, ein wenig klingen Contriva auch nach einem heimlichen Kuss.

Mit dabei an diesem feinsinnigen Abend im Westwerk ist B. Fleischmann. B. steht für Bernhard – und Bernhards Musik ziert sich kaum, das Herz zu öffnen. Von ähnlich warmer Klangfarbe wie Contriva gibt sich der Wiener Elektronikbastler, Schlagzeuger und Pianist auf seinem neuen Album Welcome Tourist (Morr Music) romantisch wie noch nie.

„Das Ziel der Songs ist es, die Augen zu schließen und die Ohren zu öffnen“, sagt Fleischmann. Lässt Melodiebögen aus dem Laptop gluckern, doch ein bisserl krachen und krautrocken darf es auch. Festplattengestützten Postrock darf man übrigens auch bei To Rococo Rot erwarten – die Prinzen entspannter Minimalelektronik spielen in zwei Wochen am 24. April im Schlachthof. Marc Peschke

Samstag, 21 Uhr, Westwerk