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HausprojektRichter rügen Richter

Gerichte streiten über die Frage, ob die Bewohner der Brunnenstraße 183 Mieter oder Besetzer sind. Davon hängt ab, wer zuständig ist. Polizeipräsident Glietsch findet 100.000-Euro-Einsatz richtig

Im Streit um das linke Hausprojekt in der Brunnenstraße 183 tun sich neue Fronten auf: Offenbar sind sich Amts- und Landgericht uneins darüber, ob die Bewohner als Mieter oder als Besetzer gelten. Nach Angaben von Vera Hacke, Anwältin des Hausprojekts, hat das höher gestellte Landgericht die Verhandlung zahlreicher Räumungsklagen abgelehnt und an das Amtsgericht zurückgegeben. Die Entscheidung der Amtsrichter, die Klagen an das Landgericht zu verweisen, sei "in grober Weise fehlerhaft und deshalb nicht bindend".

Der Eigentümer des Hauses, indem sich auch der Umsonstladen befindet, ist der Passauer Arzt Manfred Kronawitter. Er will die Bewohner loswerden, unter anderem per Räumungsklage. Er sieht allerdings den Rechtsweg verstellt, da es sich bei den Bewohnern um ihm unbekannte "Hausbesetzer" handele.

Das Amtsgericht Mitte sah das genauso und erließ einen Durchsuchungsbeschluss für das Haus. Am vergangenen Mittwoch überprüften daraufhin 550 Polizisten die Hausbewohner. Es habe sich explizit um keine Räumung gehandelt, wie eine Polizeisprecherin betonte. Die Beamten hätten "lediglich" wissen wollen, wer dort illegal wohnt.

"Das ist grober Unfug", erklärte Hausprojekt-Anwältin Hacke. Sie zitiert aus einem Beschluss des Landgerichts vom 24. Juli. Darin heißt es, dass sich beide Seiten, sowohl Kläger als auch Beklagte, "auf den Abschluss eines Wohnraummietverhältnisses" berufen. Damit können die Bewohner keine Besetzer sein. Für einen Rechtsstreit zwischen Mieter und Vermieter sieht sich das Landgericht aber nicht zuständig. Nun soll als dritte Instanz das Kammergericht entscheiden, wo die Klage letztlich verhandelt wird.

Gegenwärtig führe Kronawitter zwölf Klagen gegen die Hausbewohner, sagte Hacke. Von einem "verstellten Rechtsweg" könne also keine Rede sein. Zumal Kronawitter bereits seit langem eine Liste der Bewohner vorliege, gegen die er auch bereits Prozesse führe, so die Anwältin. Der Hauseigentümer war gestern für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Polizeipräsident Glietsch hat die Kritik an dem Großeinsatz seiner Beamten gegen die Bewohner der Brunnenstraße 183 zurückgewiesen. Nur wenn "ausreichend starke Kräfte zur Verfügung" stünden, so Glietsch, könnten "Probleme bei der Einsatzbewältigung" vermieden werden.

Der CDU-Innenexperte Frank Henkel erinnerte an einen Einsatz im Januar im "Autonomen Kulturzentrum" (Köpi). Die Polizei habe die Durchsuchung abbrechen müssen, weil sie mit zu wenig Kräften vor Ort war.

Beim der Durchsuchung der Brunnenstraße trafen die 550 Beamten auf 31 Personen. Der Einsatz kostete rund 100.000 Euro.

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