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■ Hassemer baut TräumeUnd die Kräne kreisen

Stadtentwicklungssenator Volker Hassemer (CDU) hat auch in schlechten Zeiten den Sinn für Humor nicht verloren. 1994, orakelte er gestern, werde für Berlin ein entscheidendes Jahr. Und ein gutes dazu. Alle wichtigen Planungsbedingungen seien festgezurrt, die Eckpfeiler der künftigen Entwicklung eingeschlagen. Der Flächennutzungsplan und das Landschaftsprogramm können im laufenden Jahr verabschiedet und die Bauvorhaben für die Spreeinsel sowie am Alex entschieden werden. Die Mitte ist dann quasi fertig. Am Potsdamer Platz sieht Hassemer Kräne kreisen, während im Regierungsviertel die Baugruben für das neue Kanzleramt ausgehoben werden. Mit Brandenburg ist man auf dem Weg zum Länder- Standesamt, und selbst ein Überangebot an Büroflächen, aber zu wenig Arbeitsplätze, bringt uns nicht aus der Fassung. Das alles gelingt, so Hassemer, wenn die Industrie, die Wirtschaft und die Bonner mitziehen. Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Weniger komisch ist, daß 1994 nicht weniger Rechnungen offen sind als 1993. Und Alternativen fehlen. An erster Stelle rangiert dabei die unsichere Länderehe Berlin-Brandenburg, für die es kein Konzept gibt. Zugleich besteht beim Umzug von Parlament und Regierung alles andere als Planungssicherheit. Schon ein weiteres Zögern der Bundesdiener bringt die Zukunft der Stadt und die wirtschaftliche Kraft Berlins ins Schlingern, was sich zum Kentern ausweiten könnte. Vieles spricht dafür. Auch vor der eigenen Haustür liegen die Probleme nur so herum: die Provokation der himmelhohen Megapolis am Alex im Dienste des Kapitals und zur Vertreibung der Ansässigen wird dabei auf Hassemer ebenso zurückfallen wie das FNP- Patchwork aus Hoffnungen und Verwerfungen. Wie Hassemer die Tiger reiten will, wird sicher manchen Spaß bringen. Und er wird sich warm anziehen müssen, weiß er doch aus geplatzten Olympiaträumen, wie schnell man nackig dastehen kann. Rolf Lautenschläger

Siehe Bericht auf Seite 19

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