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Archiv-Artikel

Hans-Udo Maury, Bürgermeister und Bestatter Der Landarztsucher

Hans-Udo Maury

■ 55, Tischlermeister und Inhaber eines Bestattungsunternehmens, ist in der CDU und Bürgermeister des Fleckens Gartow.

Gartow ist ohne Zweifel ein schönes Fleckchen Erde. 1.700 Sonnenstunden gibt es im Jahr, die Elbtalaue ist in Sichtweite, und der Haushalt ist ausgeglichen – dank der Zahlungen für das Atommülllager Gorleben, das zur Samtgemeinde gehört. „Die Leute irren, wenn sie glauben, man kann nur in der Stadt gut leben“, sagt Hans-Udo Maury, der Bürgermeister (CDU).

Das einzige, was Gartow fehlt, ist ein Arzt. Bis vor drei Jahren habe es im Dorf sogar zwei Ärzte gegeben, sagt Maury. Doch der eine sei gestorben, und der andere nehme inzwischen nur noch Privatpatienten. 1.350 Menschen wohnen in der Samtgemeinde und es gibt mehrere Altersheime. Der einzige Arzt, der sich um sie kümmert, kommt aus dem Nachbardorf herüber und hat zu wenig Zeit für alle.

In den 70er Jahren sind viele Menschen aus der Großstadt nach Gartow gekommen, weil sie die Gegend so schön fanden. Nun sind sie alt geworden und haben ein Problem. Es sei ein „deutschlandweites Problem“, sagt Maury. Die jungen Ärzte und Ärztinnen wollten einfach nicht mehr aufs Land.

Maury, im Hauptberuf Bestattungsunternehmer, gründete mit dem Apotheker und anderen eine Bürgergruppe. Sie kontaktierten die Presse und starteten eine Kampagne auf Facebook: „Gartow sucht den Landarzt!“ Möglichen Bewerbern stellten sie finanzielle Unterstützung in Aussicht, der Anglerverein winkte mit der Ehrenmitgliedschaft – doch auch das war vergebens.

Erst als der Spiegel über den Fall berichtete, meldete sich ein Arzt aus Baden-Württemberg. „Er hat uns besucht, wir fanden ihn sympathisch“, sagt Maury. Finanzielle Hilfe habe der Mann nicht gewollt. Allerdings sei er „jenseits der 60“. 66 Jahre, genau genommen.

Im September will der neue Landarzt seine Praxis in Gartow eröffnen. Er habe in Aussicht gestellt, zehn Jahre zu bleiben, sagt Maury. Seit die Geschichte sogar im Fernsehen war, bei „Hart aber fair“, gebe es auch Interessenten für die zweite Arztpraxis. Doch die müssten noch zu Ende studieren. Und ob sie dann wirklich nach Gartow kommen, weiß auch der Bürgermeister nicht.DANIEL WIESE