Hamburger Szene : Was tun, wenn Vater haut?
Samstagnachmittag im Schwimmbad. Durch die Wand der Umkleidekabine höre ich ein Kind weinen. Das kommt vor im Bad. Das Umkleiden stresst Eltern und Kinder. Aber hier ist etwas seltsam. „Zieh jetzt den Badeanzug aus“, sagt eine Männerstimme, „sonst haue ich dir zu Hause auf den Popo.“ Er zählt bis drei, dann hört man drei Schläge. Das Kind weint, ruft: „Aua!“
Ich öffne die Kabinentür. Im Flur steht schon eine andere Frau, die besorgt um die Ecke linst. „Sollen wir was sagen, oder machen wir es nur schlimmer?“, frage ich. „Doch“, sagt sie. „Sonst sind wir die, die immer nur zuschauen.“ Außerdem habe der Mann dem Kind vorher schon den Arm umgedreht. Da hören wir es wieder: „Zieh dich jetzt an, sonst haue ich dich noch mal.“
Ich betrete die Sammelumkleide, in der ein Mann mit zwei kleinen Mädchen beim Umziehen ist. Er sieht gebildet aus, also versuche ich freundlich an seinen Verstand zu appellieren: „Hören Sie, es ist nicht in Ordnung, ein Kind zu schlagen. Das steht im Gesetz. Ich verstehe, dass das anstrengend hier für Sie ist, aber Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung.“
„Ja, ja“, sagt der Mann, und schüttelt den Kopf, als seien wir schwer von Begriff. „Das waren keine Schläge. Das war nur ein Klaps.“ Dann packt er die Kleinen an den Händen und verschwindet in der Herrendusche.
„Ich glaube, wir haben es schlimmer gemacht“, sage ich zu der Frau. Sie verneint. „Er weiß jetzt, dass er das nicht öffentlich tun kann.“ KAIJA KUTTER