Hamburg am Sonntag : Verschwurbelte Wegbereiter
Kinopremiere eines neuen Dokumentarfilms über die Band „Die Goldenen Zitronen“
Es geht los mit Fun-Punk in den 80ern. Lustig, die verwuschelten Frisuren. Lustig auch, wie sie damals dachten, das Saufen wäre ein politisches Statement. Und wie jung sie alle mal waren: Schorsch Kamerun, Ted Gaier und Ale Sexfeind von der Band „Die Goldenen Zitronen“. Saumäßig jung, und zum Glück gab es damals schon jemand, der ab und an eine Videokamera dabei hatte bei den Konzerten oder den Partys im Backstage-Bereich.
Zu sehen sind diese Aufnahmen in dem Dokumentarfilm „Übriggebliebene ausgereifte Haltungen“, der die Geschichte der Goldenen Zitronen chronologisch erzählt. Neben den Originalaufnahmen gibt es Interviews, die Filmemacher Peter Ott mit (ehemaligen) Musikern oder Managern oder sonst wie Beteiligten geführt hat. Außerdem gibt es schriftliche Äußerungen von Schorsch Kamerun und Ted Gaier, die im Film vorgelesen werden. Erklärungen aus dem Off gibt es nicht, außerdem fehlt jegliche Distanz: Regisseur Ott fragt mal wie ein Fan, mal wie ein Szene-Angehöriger, der auch mitreden will. Wie ein Journalist allerdings fragt er nicht.
Der Film ist wie ein Puzzle, das sich die Zuschauer selbst zu einem Bild zusammensetzen sollen. In diesem Bild ist die Band der Mittelpunkt einer verkopften Szene, die von allen Beteiligten sehr ernst genommen wird. Dementsprechend verschwurbelt ist der ein- oder andere Wortbeitrag. Offensichtlich wollte man sich gegenseitig die Fähigkeit zur Reflexion beweisen. Und wurde so zum Wegbereiter der Hamburger Schule. KLAUS IRLER
Filmpremiere: 2. 11., 20.45 und 22.45 Uhr, 3001 Kino. Veröffentlichung der Doppel-DVD „Die Goldenen Zitronen Material“ mit Film, Musikvideos und Albumaufnahmen am 7. 11. (Buback)