Halbfinale Europa League: HSV verspielt alles
Im Rückspiel gegen Fulham spielte der HSV engagiert, doch am Ende mangelte es wieder mal an Durchschlagskraft. Einige Fans fordern nun den Rücktritt des Clubchefs.
LONDON dpa/taz | Der krisengeplagte Hamburger SV hat seinen großen Traum verspielt. Trotz einer 1:0-Führung verlor der HSV das Rückspiel des Halbfinals in London gegen den FC Fulham. Das ist besonders bitter, weil das Endspiel dieses Jahr im Stadion des HSV in Hamburg stattfindet.
Die Mannschaft von Interimstrainer Ricardo Moniz verlor das Halbfinal-Rückspiel durch einen späten Doppelschlag von Simon Davies (69. Minute) und Zoltan Gera (76.) in einer packenden Partie mit 1:2 (1:0). Damit ist auch der erhoffte Befreiungsschlag durch die Entlassung des Trainers Bruno Labbadia wirkungslos geblieben.
"Das ist ein harter Schlag, das muss ich auch erstmal verarbeiten", sagte Moniz. "Wir sind alle so enttäuscht, es war eine Riesenchance, das Finale im eigenen Stadion zu spielen", meinte der völlig deprimierte Hamburger Torschütze Mladen Petric. Dort wird Fulham am 12. Mai auf Atlético Madrid treffen. Der spanische Club löste das Ticket durch ein 1:2 nach Verlängerung beim FC Liverpool (Hinspiel 1:0 für Madrid).
In London verharrten Petric und seine Teamkollegen minutenlang auf dem Platz, der Blick leer, die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Die Fans riefen: "Hoffmann raus".
"Ich kann der Mannschaft keinen Vorwurf machen, sie hat eine gute Leistung gebracht, bis zur 70. Minute", sagte HSV-Clubchef Bernd Hoffmann und räumte schließlich ein: "1:2, das ist schon bitter." Zumal in der kommenden Saison der HSV nur noch eine theoretische Chance hat, Ende der Saison auf einem Europa League Platz in der Liga zu stehen.
Mit der Niederlage verpasste der HSV auch die Chance, der Bundesliga einen vierten Champions-League-Platz ab der Saison 2011/2012 zu bescheren. Denn mit einem Sieg wären die deutschen Clubs in der Uefa-Wertung an den Italienern verbeigezogen.
Rund 72 Stunden Zeit hatte Moniz, die Leidenschaft der zuletzt seelenlosen Mannschaft neu zu entfachen. Es reichte dem Niederländer am Ende nicht, um das 0:0 aus dem Hinspiel wettzumachen. Und das, obwohl anfangs nichts mehr vom 1:5-Offenbarungseid am Wochenende in Hoffenheim zu spüren war. Hellwach, aggressiv und konzentriert ging der HSV zu Werke - auch Dennis Aogo, der nach seinen Magen-Darm- Beschwerden erste wenige Stunden vor dem Spiel eingetroffen war.
Eine Schrecksekunde mussten die HSV-Fans gleich zu Beginn überstehen, als sich Bobby Zamora im Hamburger Strafraum gekonnt in Szene setzte. Keeper Frank Rost reagierte aber glänzend. Verunsichern ließ sich der Bundesliga- Siebte durch die frühe erste Chance der Hausherren aber keineswegs.
Und dann nahm sich Petric auch noch ein Herz - aus rund dreißig Metern wuchtete der Kroate den ruhenden Ball über die Mauer hinweg ins Tordreieck. Australiens Nationalkeeper Mark Schwarzer reckte und streckte sich vergeblich.
Petric rutschte nach seinem zehnten Tor im laufenden Wettbewerb auf Knien über den englischen Rasen, seine Mitspieler feierten, und die HSV-Fans skandierten bereits: "Über London fahren wir nach Haus." Sieben Minuten vor der Pause zielte Jonathan Pitroipa knapp vorbei.
Fulham drängte nach dem Seitenwechsel auf den Ausgleich - bis zum Duell mit dem HSV hatten die Londoner noch kein Heimspiel in der Europa League in dieser Saison verloren. Trainer Roy Hodgson brachte US-Nationalspieler Clint Dempsey für Zamora. Doch den Ausgleich markierte ein anderer: Davies bugsierte den Ball am herausgeeilten Rost vorbei ins Netz.
Zuvor hatte Jarolim eine große Chance zum Treffer vergeben, als er in der 67. Minute rechts im Strafraum frei zum Schuss kam. Das Zittern begann - und endete fatal für die Hamburger: Pitroipa vergab eine weitere Chance (74.), und praktisch im Gegenzug verwandelte Gera das Stadion mit dem Siegtreffer für Fulham in ein Tollhaus.
Die Hamburger warfen noch einmal alles nach vorn, doch es fehlte an Durchschlagskraft, um noch zu klaren Chancen zu kommen. Stattdessen verlegte sich der HSV auf Kick & Rush und so kam Ruud van Nistelrooy in der Nachspielzeit noch einmal eher zufällig im Strafraum an den Ball, sein Schuss wurde aber abgeblockt.
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