Hajo SchiffHamburger Kunsträume: Mit dem Autoscooter durch die Bilderflut
Tanzende Zombies, eine Waldhütte voller abseitig-obsessiver Skulpturen, das Wunderschwert Excalibur und eine Maschine, die eingeführte Holzstücke in Musik verwandelt: Überschäumend vor Kreativität zeigt sich wieder einmal die Jahresausstellung der Hochschule für bildende Künste. Mit Aktionen und umfangreichem Filmprogramm präsentieren die Studierenden in über 50 Räumen noch bis Sonntag von 14 bis 20 Uhr ihre Arbeiten von sinnerweiternden Objektkombinationen über eher traditionelle Malerei bis zur virtuellen Realität. Und ein am falschen Ort zur falschen Zeit sich materialisiert habender Autoscooter hat auch seinen Auftritt. Gegen räumliche und ästhetische Orientierungslosigkeit werden um 16 und 18 Uhr auch Führungen angeboten.
Jung geht es auch wieder bei Feinkunst Krüger in den Kohlhöfen zu. Dort eröffnet am heutigen Samstagabend eine Schau mit Bildern von 22 der über 50 an der Wanderausstellung „Jetzt!“ beteiligten Künstler*innen. Die „Heute ist morgen vorbei“ betitelte Präsentation (bis 29. Februar) ist sozusagen eine Vorfeier zur Eröffnung der groß angelegten Ausstellung jüngster Malerei diese Woche in den Deichtorhallen. Dort wird mit rund 150 Arbeiten bis zum 17. Mai eine Auswahl aus dem Malereiprojekt gezeigt, das das Kunstmuseum Bonn, das Museum Wiesbaden und die Kunstsammlungen Chemnitz im vergangenen Herbst gestartet haben. Dass gleich zwei andere Orte das Projekt hier flankieren, betont, wie wichtig Galerie- und Off-Ausstellungen sind, bevor die musealen Kurator*innen aufmerksam werden.
Dass die kleinen Orte früher eröffnen, spiegelt die Karriere: Ohne Präsenz in den engagierten kleinen Räumen gibt es kaum eine Chance auf Sichtbarkeit. So hat die Galerie Oel-Früh die auch in den Deichtorhallen beteiligte Künstlerin Anna Nero eingeladen, an dem Off-Ort eine eigene Schau zu konzipieren: Sie hat 10 Künstler*innen aus der „Jetzt!“-Ausstellung, 10 weitere Bekannte und fünf aus dem Oel-Früh-Kreis versammelt. Der in szeneüblicher Ironie „Minibar“ genannte Auftritt in der Markmannstr. 32 startet am Mittwoch ab 20 Uhr, der Augenschmaus im großen Haus dann einen Tag darauf.
Auch in einer derartigen Malereifestwoche gibt es noch andere künstlerische Positionen: Am Freitag beginnt der immer etwas politisch orientierte Kunstverein mit der Präsentation der „ars-viva“-Preisträger Karimah Ashadu, Thibaut Henz und Camille Sahin. Der seit 1953 vom Kulturkreis der deutschen Wirtschaft im BDI vergebene Preis soll an deutsche Künstler*innen gehen, die „ein Bewusstsein für gegenwärtige Fragestellungen erkennen lassen“. Diesmal geht es um den problematischen Export von Elektroschrott nach Afrika, die Bilderflut der urbanen Welt und die seltsame Funktion der Berge in den türkischen Medien. Dazu werden im Erdgeschoss die „Sirenen“ des brasilianischen Künstlers Matheus Rocha Pitta gezeigt, dessen Thema die veröffentlichte politische Gestensprache und versteinerte Zeichen von Macht und Kontrolle sind.
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