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Haben Spatzen auch Sportunterricht? –betr.: „Mädels und Jungs“, Querspalte, taz vom 23. 12. 98

[...] Markus Völker macht sich über Einwände gegen die gute alte (und irgendwie doch auch fortschrittliche) gemischtgeschlechtliche Erziehung lustig, vorgebracht von der Schulministerin aus NRW, die meint, daß koedukativer Sportunterricht Mädchen in ihrer Bewegungsentwicklung beeinträchtigen könnte. Wie lächerlich! Denn schließlich, so kulminiert Völkers journalistische Meisterleistung: „Entzieht man Spatzen das andere Geschlecht, scheitern Balz und Liebesakt kläglich.“

Haben Spatzen auch Sportunterricht? Gaanz falsche Frage! Richtige Frage: Können wir das tatsächlich wollen? Natürlich nicht! Außer vielleicht ein paar Feministinnen (die Ministerin wird wohl eine sein), die haben schließlich auch herausgefunden, daß von den Mädchen, die sich zu einem Studium der Naturwissenschaften entschließen – das heißt, die sich in eine der hartnäckigsten Männerdomänen vorwagen – ein überproportional großer Anteil auf Mädchenschulen gegangen ist. Dies scheint damit zusammenzuhängen, so der wissenschaftliche Befund, daß der Unterricht auf Mädchen zugeschnitten ist und sie ihre Fähigkeiten selbstbewußter entwickeln – auch in den Fächern, die (immer noch) „nichts für Mädchen sind“.

Herr Völker scheint sich noch nicht mit der seit Jahrzehnten geführten wissenschaftlichen Debatte um die Vor- und Nachteile von gemischt- und getrenntgeschlechtlicher Erziehung befaßt zu haben. Macht ja nichts! Aber es wäre doch wohl fairer Journalismus, sich in der nächsten Querspalte in ähnlicher Weise über die Koedukation lust zu machen, nach dem Motto: Stellen Sie sich vor, was die da machen wollen – die Geschlechter zu Balz und Liebesakt erziehen! Nein, also wirklich...! Susanne Zwingel, Hamburg

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