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Archiv-Artikel

HOFFENTLICH IST ES NICHT ZU SPÄT, DIE GESAMTE AXE-SPIELERFRAUEN-STICKER-KOLLEKTION ZU SAMMELN Von Schnallen und Türstehern

VON JENNI ZYLKA

Let’s go where the styled things are! Zur Marina-Hoermanseder-Show zum Beispiel, irre Lederklamotten mit noch und nöcher Schnallen dran, die sich in Form (und Funktion) an orthopädischen Stützapparaten aus dem 17. Jahrhundert orientierten, genau das Richtige für Lady Gaga also, die neulich direkt etwas bei ihr bestellte. Vielleicht ja die weiße lederne Halskrause, die den Models bei der Show am Freitag im Erika-Heß-Eisstadion tatsächlich bis unter die Nase reichte und den Mund damit fest verschloss (was bei Lady Gaga beruflich ein Problem sein könnte). Oder die unfassbaren, glänzenden A-Linien-Steinröcke: „Ich habe Stein ganz flach ausgewälzt und auf Microfaser geklebt, das ist sehr stabil, die Falten bewegen sich keinen Millimeter“, erzählt das reizende junge Wiener Fräulein Hoermanseder so selbstverständlich, als ob ihr Vater Maurer wäre.

Ich überlege kurz, meinen chronischen Bandscheibenvorfall ins Spiel zu bringen und mir ein schickes Orthopädiekorsett quasi auf Krankenkassenkosten verschreiben zu lassen. Aber man weiß ja, wie das ist: Was bei blutjungen Gazellen gut sitzt, wirkt bei Age-Plus-Size-Charaktermodels mit Bandscheibenvorfall eventuell anders.

Egal, abends ziehen wir sexy Stützstrümpfe an und gießen Drinks auf den Restalkohol von der Reserved-Party am Abend davor, bei der man mit Georgia May Jagger hätte anstoßen können, die in der kochend heißen „Alten Münze“ in Mitte das Defilee anführte. Aber wahrscheinlich musste sie nach dieser ganzen Wollpulliparade bei 40° Celsius erst einmal kalt duschen. Das hätte ich auch gern gemacht, nachdem ich mich nämlich fast mit den Türstehern geprügelt hätte, die einen nach Örtchenbesuchen nicht wieder reinließen: „Ich habe meine Anweisungen“, tönte es aus jungen Security-Mündern, was einerseits zwar rührend 50er-Jahre-mäßig klingt, ganz der devote Angestellte, andererseits aber so lächerlich ist, dass ich fast schon wieder mit der Krankenkarte wedeln und einen Asthmaanfall simulieren wollte.

Das kann ich als erfahrene Asthmatikerin gut, und dann soll mal einer erklären, wieso man sich nicht wieder auf seinen Platz setzen darf, wo schließlich die Handtasche mit dem lebensnotwendigen Aerosol wartet, und überhaupt: Heißt „Reserved“ nicht „reserviert“? Aber wir lassen uns das Singen bekanntlich genauso wenig verbieten wie das asthmatische Fiepen und foulten uns wieder in die erste Reihe.

Samstagabend dann wildes Tanzen mit den anderen Mods beim Hip City Soul Club, nicht die schlechteste Adresse für feinen Stoff: Wir erfahrene ModernistInnen wissen schließlich ohnehin, was gut aussieht. Herrlich war da vor allem, dass man auf dem Weg beobachten konnte, wie Mode- auf die textil zuweilen ja ebenfalls bemerkenswerten Fußballfans trafen, weil beide Gruppen angeheitert durch das U-Bahn-Netz gondelten. Und apropos Sport, Mode und ähnliche Gegensätze: Hoffentlich ist es nicht zu spät, die gesamte Axe-Spielerfrauen-Sticker-Kollektion zu sammeln, die tatsächlich „Fankurven“ heißt, als ob die 50er Jahre nie zu Ende gegangen wären. Also: Will eineR mit mir Spielerfrauen tauschen? Ist eine Ann-Kathrin Brömmel (Freundin von Mario Götze) seit Sonntag teurer geworden? Kriegt man für sie vielleicht sogar drei Marisol Gonzales (Freundin von Rafa Marquez)?

Haben die sexistischen Comedians dieser Welt das mit dem Spielerfrauentauschen wohl schon in ihr Repertoire aufgenommen? Irgendein Oneliner à la Strunz, Effenberg und Claudia? Man müsste mal Mario Barth fragen, aber das kann ich nicht übernehmen. Allein beim Gedanken an ihn bekomme ich immer so unglaublich schlechte Laune.