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Archiv-Artikel

HIER IST ROT-GRÜN GEGEN ATOMKRAFT, IM AUSLAND WILL SIE SIE FÖRDERN Unmoralische Bürgschaft

Zu Hause predigt die Bundesregierung den Atomausstieg – doch im Ausland hält sie Atomkraft offenbar für nichts Schlechtes. Die Regierung erwägt, Siemens mit einer Exportbürgschaft zu unterstützen, falls der Konzern sich am Bau des finnischen Atomkraftwerks FIN 5 beteiligt. Noch ist zwar nichts entschieden. Doch die Tatsache, dass über eine Hermes-Bürgschaft nachgedacht wird, spricht Bände darüber, wie ernst es Rot-Grün mit seinen eigenen ökologischen Richtlinien nimmt. Diese nämlich schließen Exportkredite für den Neubau und Umbau von Atomanlagen prinzipiell und kategorisch aus. Die Regierung kann sich auch nicht damit herausreden, dass Siemens ja nur die Turbinen für das AKW liefern will, also nicht im eigentlichen Sinne Nukleartechnik. Das ist ungefähr so konsequent wie einst Bill Clintons Geständnis, er habe zwar gekifft, aber nicht inhaliert. Ein AKW ohne Turbinen ist schließlich kein funktionsfähiges AKW.

Die Diskussion um die Förderung des AKW-Neubaus macht deutlich: Hermes-Bürgschaften sind ausschließlich ein Instrument staatlicher Wirtschaftsförderung. Sie helfen Firmen beim Geschäftemachen im Ausland und wälzen Verluste auf die Allgemeinheit ab. Ökologische, soziale und entwicklungspolitische Kriterien haben sich ökonomischen Zwecken unterzuordnen.

Die Bürgschaft für das finnische AKW würde zudem Siemens unangemessen privilegieren: Durch die Bürgschaft verhilft der Staat mit seiner Bonität dem Konzern zu billigeren Krediten. Nur so lässt sich erklären, warum für den Export in ein reiches EU-Land wie Finnland überhaupt eine solche Bürgschaft vergeben werden soll. Eigentlich ist Hermes für Engagements in riskanten Schwellen- und Entwicklungsländern gedacht.

Für die Grünen rächt sich jetzt, dass sie 2001 bei der Novellierung der Hermes-Richtlinien dem SPD-geführten Wirtschaftsministerium nachgaben. Sie ließen sich auf schwammige Formulierungen ein, die es nun dem Hause Clement erlauben, sich aus der Ächtung von AKW-Förderung herauszureden. Sollte die Hermes-Bürgschaft gewährt werden, werden sich vor allem die AKW-kritischen Grünen rechtfertigen müssen. KATHARINA KOUFEN