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■ H.G. HolleinEinnahmen

Die Frau, mit der ich lebe, geht des Öfteren in sich. Bisweilen kommt sie für längere Zeit nicht wieder raus. Ich schätze diese Phasen nicht, erschweren sie doch die innerpartnerschaftliche Kommunikation beträchtlich. Zum einen. Zum anderen bringt die Gefährtin von ihren Inkursionen jedesmal eine lange Einkaufsliste mit zurück, die ihr jenes unerforschliche Wesen diktiert, das ihre Befindlichkeit zu steuern scheint. Die umfasst von Rauchervitaminen, Kieselerde-Kapseln („aber die mit Magnesium!“), Zink-Kohlebatterien – nicht wirklich, aber irgendein Gemisch aus Zink und Kohle ist drin – so ziemlich alles, was das Placebo-Regal bei Budnikowski feilbietet. Kurzum, jenes innere Wesen hat mal wieder beschlossen, unsterblich zu werden, weshalb die Gefährtin von nun an gesund leben müsse. Ich habe mich zwei Dekaden lang bemüht, der Gefährtin nahezubringen, dass sich mit einer gelegentlichen Aktivierung der Grobmotorik unter Einschluss der entsprechenden Sauerstoffzuführung sowie dem sporadischen Verzehr einer „Frucht“ durchaus vergleichbare Resultate erzielen lassen. Dem steht nur entgegen, dass erstens die Reaktion der Gefährtin auf einen von ihrem Adam dargereichten Apfel in einem eher undankbaren „Buäh!“ zu bestehen pflegt und man zweitens beim Joggen nicht rauchen kann. Jedenfalls nicht so ohne weiteres. Wie dem auch sei, jenes innere Wesen attestiert der Gefährtin, sein Gastkörper habe eine Bombenkonstitution. Erstaunlich finde ich nur, dass dieser Körper sich scheinbar reflexartig außerstande sieht, Mineralwasserkisten, Einkaufskörbe, Koffer und dergleichen Gewichtiges mehr treppauf zu bewegen. Bei solchen Gelegenheiten steckt die Gefährtin allemal ganz tief in sich und lugt erst im dritten Stock pfiffig wieder hervor.

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