HERMANNUS PFEIFFER ÜBER DIE MARITIME AUFRÜSTUNG : Seemacht Deutschland
Das teuerste Waffensystem der deutschen Militärgeschichte hat die Fähigkeit, „gezielt und punktuell gegen Ziele an Land zu wirken“. Bis zu 100 Kilometer tief ins Landesinnere, auf wenige Meter genau. Mit neuen Tarnkappen-Korvetten und Marathon-Fregatten werden in den nächsten Jahren acht von zehn Hauptstädten weltweit ins Visier der deutschen Geopolitiker geraten.
Nach der massenhaften Abwrackung von Schiffen, die für den Kalten Krieg in der Ostsee konzipiert waren, wird die Deutsche Marine jetzt qualitativ massiv aufgerüstet. Das 21. Jahrhundert gilt Strategen in den USA, Europa und China als „das Jahrhundert des Meeres“. Eine Folge der zunehmenden Globalisierung der Wirtschaft, durch die der Schiffsverkehr überproportional wächst. Zudem wird die hohe See existenziell für die Energieversorgung.
Der Wettlauf um Rohstoffe aus der Tiefsee hat schon begonnen. „Freie Handelswege und eine gesicherte Rohstoffversorgung sind für die Zukunft von vitaler Bedeutung“, heißt es in den „Verteidigungspolitischen Richtlinien“ der Bundesregierung.
An Brennpunkten der Globalisierung möchten Militärs, Politiker und Wirtschaftsvertreter verstärkt Präsenz zeigen: Mit Hightech-Kriegsschiffen wird, so der Fachterminus, „Macht projiziert“.
2006 beteiligte sich die Deutsche Marine erstmals an einem „Auslands“-Einsatz, noch im Auftrag der Vereinten Nationen. Es folgte der Antipirateneinsatz „Atalanta“, U-Boot-Kontrollen des Mittelmeeres, die dauernde Teilnahme an Reaktionsverbänden der Nato, die ständig über die Weltmeere kreuzen. Man mag angesichts der Seemacht Deutschland das fehlende Geld für Kindergärten beklagen oder an das Risikopotenzial denken – „Sie wollen nur spielen“ gilt für die Seemacht Deutschland nicht.
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