HANNES KOCH ÜBER DIE ARBEITSBEDINGUNGEN BEI APPLE : Die Herren der Welt
In zweiseitigen Zeitungsanzeigen erklärte Apple den Wert seiner Produkte kürzlich so: „Das ist, worauf es ankommt. Was es einen fühlen lässt.“ Und was lassen die iPhones und iPads viele gerade fühlen? Man kommt sich verschaukelt vor. Denn der Konzern scheint sich nicht einmal an das eigene Versprechen zu halten, das er 2012 ganz offiziell gab.
Fast 20 Beschäftigte haben sich in den vergangenen Jahren von den Dächern chinesischer Fabriken in den Tod gestürzt – vermutlich wegen mieser Arbeitsbedingungen. Beim Zulieferunternehmen Foxconn schufteten die iPhone-Arbeiter nicht selten zehn Stunden täglich an sieben Tagen pro Woche. Sowohl Apple als auch Foxconn versprachen, die Arbeitszeiten bis Juli 2013 auf das Maß zu senken, das das chinesische Arbeitsgesetz erlaubt. Das wären 49 Stunden pro Woche.
Jetzt möchte man wissen: Hat es geklappt? Vom Konzern kommen nur ausweichende Formulierungen. Kaum zu glauben, dass aufgeklärte Menschen so ungehobelt mit der Weltöffentlichkeit umgehen. Leuten, die eine derartige Geschäftspolitik betreiben, ist kaum zuzutrauen, dass sie ihr Unternehmen in eine erfolgreiche Zukunft führen.
Wahrscheinlich bestehen die alten Missstände in einigen Zulieferfabriken fort. Darauf deutet hin, dass Apple immer wieder mit einer selbstdefinierten Maximalarbeitszeit von 60 Stunden pro Woche argumentiert, die angeblich meistens eingehalten werde. Damit versucht das Unternehmen zu verbergen, dass es das chinesische Arbeitsgesetz bricht.
Wir sind gewohnt, dass Parlamente und Regierungen die Gesetze machen. An diese halten sich auch die Unternehmen; sie sollten sie jedenfalls nicht systematisch ignorieren. Bei Apple scheint man das anders zu sehen. Die Konzernchefs führen sich auf wie die Herren der Welt.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 9