HAMBURGER SZENE VON KLAUS IRLER : Identitätsfragen ’09
Neulich beim Friseur. Schaue in den Spiegel und schweige. Nebenan unterhalten sie sich beim Schneiden: Zwei Frauen Mitte 20, Friseuse und Kundin. Das Gespräch eröffnet die Friseuse.
„Sag mal, bist du nur deutsch oder ist da noch was anderes mit drin?“
„Nein, ich bin nur deutsch. Warum?“
„Hm, deine Augen sehen so spanisch aus.“
Pause. „Und du?“
„Auch nur deutsch. Glaube ich. Man weiß das ja nicht. Meine Vorfahren sind über den Osten hergekommen, da weißt du ja nie, was da noch reingekommen ist. Ich hätte gerne einen Stammbaum.“
„Aber der bringt Dir doch nichts. Der geht doch nur ein paar Jahrhunderte zurück.“
„Trotzdem. Ich wüsste das gerne.“
„Ich habe auch keinen Stammbaum.“
„Woher weißt Du dann, dass Du nur deutsch bist?“
„Naja, also meine Großeltern und meine Urgroßeltern, die waren halt deutsch.“
„Woher hast Du dann Deine Augen?“
„Von Ma.“
„Vom Mars?“
„Nein, von meiner Ma. Nicht vom Mars.“
„Ach so. Da hast Du ja noch mal Glück gehabt.“
Pause. „Steht Dir auch gut, das Spanische.“ – „Danke.“ –
„Keine Ursache.“