HAMBURGER SZENE VON ILKA KREUTZTRÄGER : Das rote Licht brennt
Über einer Kellerkneipe in St. Pauli wohnt eine lärmempfindliche Mieterin, die ab und an im Bademantel runter kommt, um sich über die laute Musik zu beschweren. Irgendwann wurde ein Lärmpegelmesser eingebaut. Leuchtet die Lampe an dem kleinen Kasten rot, ist es zu laut. Eigentlich leuchtet die Lampe immer rot. So auch an diesem Abend und die Barfrau diskutiert gerade mit den zwei DJs, ob nun leiser gedreht werden solle oder nicht, als zwei Polizisten in die Kneipe kommen.
„Es hat sich jemand über die Musik beschwert. Wer ist verantwortlich?“, fragt der mit dem Bürstenhaar. „Ich“, sagt die Barfrau und geht mit den beiden raus. Sie nehmen ihre Personalien auf, es gibt eine Ermahnung, die sie, wieder zurück hinter der Bar, an die DJs weitergibt. Die drehen murrend die Musik leiser. Die rote Lampe brennt.
Wenig später sind die Polizisten wieder da, drängeln sich an die Bar und winken die Kellnerin zu sich. „Immer noch zu laut?“, fragt sie. Äh nein. Sie wollten nur Bescheid sagen, dass ein paar Häuser weiter eine Party stattfinde und dass deren Musik zu laut sei. „Scheiße, wir wurden von einem T-Shirt-Laden übertrumpft“, ruft einer der Gäste. „Nun streichen Sie aber meine Telefonnummer wieder aus Ihrem Kalender!“, sagt die Barfrau. Der Bürstenhaarpolizist schaut irritiert und verschwindet in Richtung T-Shirt-Laden.