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HALBTAGSARBEITQuassel-Diät fürs Parlament

Weniger Ausschüsse und Deputationen, weniger Plenardebatten und alles erst nach 14 Uhr - so lauten die Vorschläge für die Bremische Bürgerschaft ab Juni 2011.

Allzu häufig bleiben die Ränge im Parlament leer - sieht man mal von den JournalistInnen ab. Bild: mnz

24 Ausschüsse und 19 Deputationen zählt die Bremische Bürgerschaft derzeit, von der Staatlichen Deputation für Sport bis zum Städtischen Rechnungsprüfungsausschuss. Damit könnte bald Schluss sein. Denn weil künftig auch die Bürgerschaftsabgeordneten aus dem öffentlichen Dienst in der Regel halbtags arbeiten müssen - derzeit sind sie noch freigestellt -, soll das Parlament nun halbtagstauglich werden. Mitte November wollen die Fraktionsvorsitzenden von SPD, Grünen, CDU, FDP und Linken gemeinsam beraten, wie das gehen könnte. Erste Vorschläge liegen bereits auf dem Tisch. Einer lautet: drastisch weniger parlamentarische Gremien.

"Wir hätten gerne eine Reduktion der Gremien auf zehn bis zwölf", sagt Björn Tschöpe, Fraktionsvorsitzender der SPD. Auch seinem Kollegen bei den Grünen, Matthias Güldner, schwebt "ein Gremium pro Ressort" vor. Zusammengelegt werden könnten demnach nicht nur die bisher vier Hafen-Gremien - Ausschuss für Angelegenheiten der Häfen im Lande Bremen, Staatliche und Städtische Deputation für Wirtschaft und Häfen, Staatliche Deputation für den Fischereihafen, wobei erstere sogar in der Landesverfassung verankert ist -, sondern auch Bildung, Wissenschaft und Kultur oder Inneres, Sport und Justiz. Offen ist noch, ob bereits das jetzige Parlament entsprechende Beschlüsse für die nächste Legislaturperiode fassen soll, oder ob dies Aufgabe der Abgeordneten ist, die im Mai neu gewählt werden.

Die Reduktion der Gremien ist eine der Voraussetzung, um die Politik-Arbeit auch zeitlich etwas einzudämmen. Künftig könnten dann sowohl die Bürgerschaft selbst als auch alle Deputationen und Ausschüsse nur noch nachmittags tagen - und vormittags alle Abgeordneten regulär arbeiten gehen.

Brisanter dürfte der Vorschlag sein, den Rededrang der ParlamentarierInnen zu begrenzen. Viele Angelegenheiten, moniert Güldner, gingen derzeit "zwei- bis dreimal zwischen Ausschuss und Plenum hin und her" - ein zeitaufwendiges Procedere. Zu überlegen sei daher, ob nicht der jeweilige Ausschuss eine Sache "vorberaten" sollte. Debatten verkürzen könnten auch neue "Standardredezeiten" in der Geschäftsordnung. "Ein Thema oder eine Position lässt sich nicht besser vermitteln, wenn ich sie ewig lange auswälze", so Güldner. Die Grünen-Fraktion will am Montag über die Reformvorschläge debattieren.

Tschöpe findet es ebenfalls "ganz charmant, gewisse Dinge im Plenum gar nicht mehr aufzurufen". Er verweist auf das Vorgehen im Berliner Abgeordnetenhaus: Dort wanderten Anträge in vielen Fällen direkt in die öffentlich tagenden Ausschüsse und würden dort auch abschließend beraten. Im Papier der Bremer SPD, das die Vorschläge der Arbeitsgruppe "Parlamentsreform" zusammenfasst, heißt es: "Beratungen in der Bürgerschaft finden nur bei ausgewählten Themen statt." Und: "Es ist zu prüfen, ob in gleichem Maße wie bisher Debattenbeiträge durch den Senat erforderlich sind."

Neu regeln will die SPD auch die Tagesordnung der Plenarsitzungen. Nach Berliner Vorbild soll jede Fraktion künftig ein Thema benennen dürfen, das dann nach den mündlichen Anfragen, der aktuellen Stunde und den anstehenden Gesetzen debattiert werde. Alle anderen Anträge und große Anfragen kämen im Gegenzug ans Ende der Tagesordnung. In Berlin, unterstreicht Tschöpe, stoße dieses Verfahren auch bei der Opposition auf Zustimmung. Von der hiesigen CDU war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

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