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Archiv-Artikel

Guy Richie und die gefälschten Gartenzwerge

Die Reihe „Filmland Polen“ präsentiert polnische Filme in norddeutschen Kommunalkinos. Dieses Wochenende läuft die schwarze Komödie „Cialo“

Die Leiche muss weg und taucht doch immer wieder auf. Es kommen sogar noch mehr leblose Körper dazu, denn in diesem Film stirbt man oft und gern. Und so sind all die skurrilen Charaktere ständig damit beschäftigt, einen Leichnam herzustellen oder wegzuschaffen. Der polnische Film Cialo (2003) ist eine typisch britische Kriminalkomödie in der Tradition von Lady Killers und Immer Ärger mit Harry, mit dem das Subgenre der „Reappearing-Corpse-Movies“ begründet wurde.

Cialo (Der Leichnam) wirkt also zutiefst englisch und hätte hierzulande in den Programmkinos gute Chancen, ein kleiner, aber erfolgreicher Exportartikel zu werden, wenn er denn nicht in Polen gedreht worden wäre. Denn eine polnische schwarze Kriminalkomödie hat es auf dem internationalen Markt extrem schwer. Dabei kann Cialo durchaus mit Brit-Coms wie Grabgeflüster mithalten.

Gezeigt wird der Film im Rahmen eines „Festivals des Neuen Polnischen Films“, das norddeutsche Kommunalkinos in Zusammenarbeit mit dem polnischen Generalkonsultat veranstalten. Im Laufe dieses Jahres werden insgesamt neun Filme kurz nacheinander in Bremen, Lübeck, Hamburg und Hannover zu sehen sein. Geld für deutsche Untertitel gab es nicht, dafür ist bei einigen Filmen der Besuch des Regisseurs geplant. Angekündigt sind hoch ambitionierte Dramen, deren Titel wie Metamorphosen oder Symmetrie schon den Vorsicht-Kunstfilm-Alarm klingeln lassen.

Aber bei Cialo bekommt man solide gebautes Unterhaltungskino geboten: Da juckeln zwei Nonnen mit einem Leichenwagen durchs Land, da treten siamesische Gangsterzwillinge auf, da greift ein Säufer zur letzten Flasche mit Einbalsamierungstinktur, und eine nette Oma bildet zusammen mit einem kleinen Mädchen ein hoch professionelles Killerduo.

Die Regisseure Tomasz Konecki und Andrzej Saramonowicz haben sich stilistisch reichlich bei internationalen Vorbildern bedient: Die Zeichentricksequenzen und Zeitraffer kommen von Lola rennt, die verschachtelte Erzählstruktur und die komisch-banalen Dialoge der Bösewichte sind bei Quentin Tarantino abgekupfert, und der rasante Schnitt erinnert frappant an die Filme von Guy Richie. Die meisten dieser Anleihen hätten sich die Regisseure ruhig verkneifen können, denn bei einer Komödie geht es mehr um den Witz als um den Stil.

Und in seiner Komik ist Cialo dann doch sehr polnisch: Nur dort macht man heutzutage noch leidenschaftlich Witze über die Kirche. Und auch die Deutschen bekommen ihr Fett weg: Die polnischen Gangster fälschen frech deutsche Gartenzwerge – darüber lacht man in Warschau bestimmt lauter als in Lübeck. Wilfried Hippen

„Cialo – Der Leichnam“ läuft in der Originalfassung mit englischen Untertiteln am 20.3. um 17.30 Uhr im Koki in Hannover, am 21.3. um 19 Uhr im Metropolis in Hamburg und am 22.3. um 19 Uhr im Koki in Lübeck