piwik no script img

Archiv-Artikel

Günter Egidi, unbestechlicher Arzt Gute Pillen, Schlechte Pillen

Günter Egidi, 52

■ ist niedergelassener Allgemeinmediziner in Bremen und Pharma-KritikerFoto: AKDAE

„Irgendwie“, sagt Günter Egidi, „blieb doch immer was hängen, wenn die Pharmareferenten kamen.“ Und wenn es „nur Verunsicherung“ sei – selbst bei einem „sehr kritischen“ Arzt wie ihm. Deshalb lässt Egidi die Vertreter der Medikamentenhersteller mit ihren Werbegeschenken auch nicht mehr in seine Praxis.

Der Bremer Hausarzt Egidi ist einer von bundesweit rund 150 Medizinern, die sich in der „Initiative unbestechlicher Ärzte – Mein Essen zahle ich selbst!“ zusammengeschlossen haben. Schon während seines Medizinstudiums hat er im Göttinger Gesundheitsladen „kritische Medikamentenarbeit“ gemacht. Heute ist Egidi beim Hausärzteverband für Fortbildung zuständig. Dort hat er immerhin schon durchgesetzt, dass die Seminare aus den Mitgliedsbeiträgen der Hausärzte bestritten werden und sponsorenfrei bleiben. Beim Bremer Hausärztetag ist er noch nicht so weit: „Das schaffen wir noch nicht ohne Pharmasponsoring.“

Seine Initiative ermutigt Kollegen, Fachzeitschriften, in denen Pharma-Anzeigen geschaltet sind, zu boykottieren, ebenso wie Vertreterbesuche und gesponserte Fortbildungsreisen. In Egidis Praxis kriegen die Patienten nur „GPSP“ zu lesen – die kritische Wartezimmerzeitung „Gute Pillen, Schlechte Pillen“. Mittlerweile wurde Egidi in die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft berufen.

Ob die Vertreter manchmal einfach Recht haben? „Das schließe ich aus“, sagt Egidi. Fast immer seien es „Pseudo-Innovationen“, ohne nennenswerten Zusatznutzen gegenüber schon erhältlichen Wirkstoffen. Der Schaden sei enorm: Von 26 Milliarden Euro jährlicher Medikamentenausgaben in Deutschland könnten „drei Milliarden locker“ durch eine kritische Verordnungspraxis eingespart werden, glaubt Egidi.

Letztlich komme es auch auf die Politik an. Australien etwa habe es vorgemacht: „Hier kostet die Gebärmutterhalskrebs-Impfung 159 Euro. Die australische Regierung hat den Herstellern gesagt: Wir nehmen das Zeug für 100 Dollar – und das ging auch.“ In Deutschland sei das Preisgestaltungssystem aber „völlig intransparent“. CHRISTIAN JAKOB