Grüner Finanzexperte über Steuersenkung: "Regierung entlastet Kapitalbesitzer"
"Ja, aber", sagen die Grünen zum Steuervorschlag der CSU. Und lehnen eine "Steuersenkung auf Pump" ab.
taz: Herr Schick, alle Parteien versprechen Steuersenkungen - nur die Grünen schweigen. Haben Sie etwa nichts anzumerken?
Gerhard Schick: Die Union redet jetzt zwar viel von der Entlastung der Mittelschicht - aber tatsächlich werden durch ihre Politik die Gutverdienenden beschenkt.
Wieso?
Die Regierung senkt ab 2009 die Besteuerung von Kapitalerträgen wie Zinsen und Dividenden durch die Abgeltungssteuer. Bisher galt der Spitzensteuersatz von 42 Prozent, künftig maximal 25 Prozent. Das ist eine gigantische Entlastung für die dünne Schicht der großen Kapitalbesitzer - und nicht für die kleinen Leute.
Das wirkt wie ein Ablenkungsmanöver: Alle reden von der Einkommensteuer - nur die Grünen sprechen über die Abgeltungssteuer.
Das hängt zusammen, wenn man keine Steuersenkung auf Pump will. Man kann nur dann etwas für Geringverdiener tun und den Haushalt konsolidieren, wenn man nicht gleichzeitig 1,7 Milliarden Euro jährlich im oberen Einkommensbereich entlastet.
Also ist die Idee der CSU doch nicht so schlecht: Auch die Grünen wollen Entlastungen bei der Einkommensteuer?
Ja, aber zielgerichtet für Niedrigverdiener. Deswegen wollen wir den Grundfreibetrag von 7.664 auf etwa 8.500 Euro erhöhen.
Damit liegen Sie ja noch über der CSU, die 8.000 Euro anpeilt.
Man kann den Grundfreibetrag nicht diskutieren, ohne die Hartz-IV-Sätze zu berücksichtigen. Schließlich geht es in beiden Fällen um das Existenzminimum. Und als Grüne sind wir der Meinung, dass Hartz IV auf 420 Euro im Monat steigen sollte. Das entspricht dann einem steuerlichen Grundfreibetrag von etwa 8.500 Euro im Jahr.
Und für dieses großzügige Projekt sollen jene 1,7 Milliarden Euro reichen, die Sie bei der Abgeltungssteuer einsparen?
Außerdem wollen wir den Spitzensteuersatz von 42 auf 45 Prozent anheben.
Und ab welchem Einkommen soll der Spitzensteuersatz dann fällig werden?
Wir wollen die Progression ein wenig strecken, damit der Spitzensatz wirklich nur Gutverdienende trifft. Die Grenze sollte statt bei heute 52.000 Euro Jahreseinkommen erst bei 58.000 Euro liegen.
INTERVIEW: ULRIKE HERRMANN
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