Grünen-Blog sucht neuen Parteivorsitzenden: Grüne suchen the next Fischer
Die Vorsitzenden-Testwahl im Blog des Parteiratsmitglieds Julia Seeliger: Robert Habeck bleibt der große Favorit - aber Tübingens OB Boris Palmer holt auf.
Robert Habeck, 38, Schriftsteller, Hausmann und grüner Landesvorsitzender von Schleswig-Holstein, ist der klare Favorit auf einen der beiden Jobs als Bundes-Parteivorsitzender. Zumindest im Blog von Parteiratsmitglied Julia Seeliger. Mit 33 Prozent (1662 Stimmen) führte Habeck am Freitag klar vor dem Finanzpolitiker Gerhard Schick (20 Prozent, 1005 Stimmen) . Die beiden Parteivorsitzenden werden im Herbst neu gewählt. Reinhard Bütikofer tritt nicht mehr an, Claudia Roth stellt sich der Konkurrenz. Seit die taz am Donnerstag erstmals berichtete, sind die Zahlen explodiert. Der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer stieg von einer handvoll Stimmen auf 830 (17 Prozent) und liegt nun auf Rang 3.
Was sagt das Ergebnis aus? "Man kann daraus sicher nicht den Rückschluss ziehen, dass Robert Habeck der kommende Parteivorsitzende ist", sagte Julia Seeliger der taz. "Aber das Ergebnis ist interessant und es sagt zumindest etwas über meine Community aus." Etwa, dass die potenziellen Kandidaten Tarek Al-Wazir, Cem Özdemir (beide 0 Prozent) und Anja Hajduk (1 Prozent) dort weiter nicht allzu hoch im Kurs stehen. Bundestagvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt holt dagegen auf und liegt jetzt schon bei 2 Prozent (112 Stimmen).
Der Wunschvorsitzende Habeck jedenfalls fühlt sich geschmeichelt. "Das ist klar charmant", sagte er der taz. "Aber so ganz ernst ist der Blogg wohl auch nicht zu nehmen. Eher als Persiflage von Internet-Votings: Die Grünen suchen the next Joschka Fischer." Als offizieller Anwärter für den Vorsitz will er nicht gehandelt werden. "Die Bundesgeschäftsstelle ist ein bisschen weit von der Ostsee, um mit dem Fahrrad zu fahren."
Seeligers Blog "Zeitrafferin" hat 1.000 bis 2.000 Hits am Tag. Die Testwahl sei eine "Art Kunstprojekt", so Seeliger. Sie läuft noch einige Zeit weiter und begleitet damit einen Prozess, den die Grünen nicht nur virtuell zur Zeit durchlaufen. Seit Bütikofers Ankündigung nimmt Habeck eine "kreative Unruhe" wahr, da die Kommuniktaion zwischen verschiedensten Netzwerken lagerübergreifend belebt worden sei. "Es ist wichtig, dass die jüngere Generation jetzt eigene Initiative entfaltet und nicht darauf wartet, dass die Gremien plötzlich einen Nachfolger präsentieren", betont Habeck. "Wir müssen jetzt zeigen, dass wir Verantwortung übernehmen können."
Alleine diesen Prozess der Kandidatensuche empfindet der schleswig-holsteinische Vorsitzende als "Frischzellenkur". Die letzten Jahre seien die Grünen oft als verstaubt und etwas müde beschrieben worden, so Habeck. "Seit ein paar Tagen sieht die Öffentlichkeit plötzlich, wie dicht gestaffelt die zweite, jüngere Reihe ist und wie viel in der Partei passiert ist." Talente, wohin man schaue.
Die bisher in den Medien gehandelten Kandidaten hält er für unwahrscheinliche Nachfolger. "Es werden Paare, die sich thematisch und in ihrem Machtanspruch ergänzen."
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