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Grüne fordern Handy-PfandPfand ich gut

Die Grünen wollen ein Pfand für Handys. Gut so! Das Pfand ist Teil der deutschen Seele. Drei taz-Redakteure über ihre Erfahrungen mit dem Sammelgut.

Es war einmal ein Land, das lebte von dem, was einst war: Flaschen, die einst voll waren. Bild: Viajante / photocase.com

Ich mag Menschen, die sich auch mal gehen lassen. Den Räuschen fremder Leute habe ich einige eigene zu verdanken. Mit 16, 17 war ich mit meinen Jungs im Sommer gern auf dem Ringfest in Köln, H-Blockx (oder was wir damals so gut fanden) gucken und ein paar Bier trinken.

Finanziert habe ich das mit freundlicher Unterstützung der suffbedingten Nachlässigkeit der Mitfeiernden. Herrenlos herumstehenden Plastikbechern nahm ich mich kurzerhand an und löste das Pfand ein. Chips gab es nicht. So sammelten sich ohne große Mühe binnen Minuten ein paar zweistellige Markbeträge an, die ich umgehend in Kölschrunden für unsere Reisegruppe reinvestierte. Es blieb der einsame Höhepunkt meiner Karriere als Geschäftsmann. David Denk

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Ich war pleite, schlicht und ergreifend arm und hungrig. Ich war mittellos und verzweifelt. Während meiner Ausbildung 2005 an der Journalisten-Schule erhielt ich zwar ein Stipendium, doch das reichte gerade mal für die Miete. Nebenbei jobben ging nicht, weil ich den ganzen Tag Unterricht hatte. Wohlhabende Verwandte hatte ich auch keine. Was tun, wenn der Magen knurrt?

Ich wohnte damals in Prenzlauer Berg, Berlin. Da, wo die Hipster ihre Beck’s-Gold-Flaschen auf der Straße liegen lassen. Also nahm ich meinen Rucksack, radelte los und sammelte das Leergut ein. Nach etwa einer Stunde war ich frustriert: Erst fünf Flaschen hatte ich gefunden – das war nicht einmal 1 Euro. Nach weiteren 30 Minuten gab ich auf. Zu frustrierend. Der Hunger war verschwunden. Cigdem Akyol

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Es war einmal ein Land, das lebte von dem, was einst war. Flaschen, die einst voll waren, Papier, das einst ein Buch war, Metallschrott, welcher einstmals ein Rasenmäher gewesen sein mochte. So erzählte man es uns Jungpionieren in der DDR. Jaahaa, wenn man Siebenjährige an einem sonnigen Nachmittag ausschickt, um das Gerümpel wildfremder Menschen zusammenzuklauben, sollte man besser eine gute Geschichte an der Hand haben.

So klingelten wir bei der alten Lehmann, lächelten den sie umwehenden Hauch des Todes weg und baten mit hohen Stimmchen um ihren Müll (DDR-Sprech: Sekundärrohstoffe). Und wir bekamen ihn. Kiloweise. Es war wie Halloween, aber es gab nix Süßes. Dann ab zur SERO-Sammelstelle. Das Geld durften wir nicht behalten. Schon okay, war fürs Vaterland. Daniel Schulz

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7 Kommentare

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  • F
    Frechheit

    Dann muss die Industrie eben alte Handys von ihren Besitzern zurückkaufen, warum soll ich denn Pfand für etwas bezahlen, dessen Produktionskosten + Gewinnspanne des Herstellers sowieso im Kaufpreis vollständig von mir übernommen wird. Die dadrinn enthaltenen Metalle nach dem Kauf mir, für einen guten Preis geb ich sie gerne ab, aber veräppeln lass ich mich sicher nicht...

  • Z
    Zyniker

    an EMIL: "alle zwei iphones auch mal an die kids in afrika denken, die die lustigen metalle aus der mine kloppen."

     

    Jo! Nur das die Kinder wenn sie nicht diese Arbeit machen könnten, gar nichts verdienen und verrecken würden. Solange wir oder die selbst keine funktionierenden Gesellschaften dort haben, die ausreichend Einkommen für alle organisieren, ist es schwer kontramoralisch, denen die Arbeiten wegzuorganisieren. Nach dem Motto : Besser ein verhungertes KInd, als ein Kind in KInderarbeit!

  • G
    GerdH

    Umweltschutzgedanken sind ja immer gut. Aber hört auf euch immer neue Dinge zu überlegen, die die wieder den kleinen Bürger finanziell belasten. Die Industrie drängt uns die neue Technik auf und manipuliert uns diese Dinge zu kaufen, dann soll sie gefälligst auch die Kosten tragen und nicht der Bürger/Konsument! Diesen ganzen Pfand und Mülltrennung durch den Konsumenten und kleinen Bürger bin ich langsam leid. Der Gesetzgeber muss die Industrie zwingen umweltverträgliche Produkte zu produzieren. Alles andere muss verboten werden. Wir übernehmen immer mehr KOsten und Arbeiten für die Industrie, die dann damit noch mehr Geld verdient. Damit muß schluß sein.

  • H
    Handyschnecke

    Find ich gut, wirklich gut !

     

    Der Rohstoffverbrauch für den Handy-Schmarrn-Phone-Konsum ist beträchtlich, und das Recyclieren energieaufwendig. Handys sind mittlerweile für viele pubertierende Konsumopfer Wegwerfobjekte, und wer so mit Rohstoffen umgeht soll auch was draufzahlen.

     

    Richtig fett besteuern sollte man Spielkonsolen. Nutzloser Müll, der eigentlich verboten gehört.

  • EA
    Enzo Aduro

    Aber das mit dem Handy ist quatsch.

     

    Erstens ein Bürokratiemonster, damit keiner kaputte Handys nach D schmuggelt.

     

    Und 2. kann man schon Handys umsonst abgeben. Das ist bezahlt beim neukauf aller elekrtogeräte.

     

    Das so viele noch im Umlauf sind, liegt daran das die Leute die aufheben falls ihr ersthandy kaputtgeht.

     

    Auch ich hab, wenn man es zusammenzählt 4 Handys. gehen alle noch. Könnte man natürlich abgeben. Aber was solls?

  • E
    emil

    bei dem handyverbrauch der hiesigen bevölkerung ist sowas nur zu begrüßen.

    und alle zwei iphones auch mal an die kids in afrika denken, die die lustigen metalle aus der mine kloppen.

  • WD
    wählt die Grünen

    Guter Artikel!!

     

    1. alte Handys könnte man heute schon sinnvoll recyclen:

    " Die Deutsche Telekom spendet aus den Erlösen der Handy-Rücknahme an gemeinnützige Organisationen wie die Deutsche Umwelthilfe."

    Link:

    http://www.handysfuerdieumwelt.de/warum-abgeben/

     

    2. Es ist auch absolut UNWIRTSCHAFTLICH wenn funktionsfähige Handys in ihre Einzelteile zerlegt werden, anstatt sie dort hin zu bringen wo sie evtl. gebraucht werden.

    (z.B. Afrika- Informationen als Entwicklungshilfe)

     

    Der Vorschlag von den Grünen die Rohstoffe im Land zu lassen ist echt imperialistisch, Respekt!