Griff nach den Sternen in der Großküche

Die Auszeichnung „Bio-Star 2003“ soll Mensen, Betriebskantinen und andere Großküchen dazu ermuntern, mehr Bioprodukte in den Speiseplan aufzunehmen. Auch Logistik und Preisgestaltung werden von der Jury bewertet

Nicht nur ausgewiesenen Feinschmeckern laufen beim Besuch so manch öffentlicher Kantine oder Mensa Schauer des Schreckens über den Gaumen: Blasses Dosengemüse auf dem Teller findet sich in trauter und trauriger Eintracht mit pappigem Kartoffelpüree, das kaum noch ahnen lässt, dass Erdäpfel eigentlich wesentlicher Bestandteil dieser Beilage sind. Pilz- oder Rahmsoßen unterscheiden sich bestenfalls in der Farbe voneinander, auch der Tomatensalat schmeckt unabhängig von der Jahreszeit immer gleich fade. Geschmackliche Variationen bringen alleine unterschiedliche Dressings, denen man die künstlichen Aromen schon von weitem anzusehen glaubt. Auch wenn immer mehr Großküchen viel Kreativität aufbringen, solchen Klischees mit frischen Lebensmitteln und abwechslungsreichen Speiseplänen zu begegnen: Wohlschmeckende und qualitativ hochwertige Lebensmittel, die zudem noch ökologisch produziert wurden, sind in den meisten Großküchen eher die rühmliche Ausnahme.

Das soll sich ändern: Mit dem Bio-Star 2003 werden Mensen, Betriebskantinen, Sozialeinrichtungen, Schulen oder Kindergärten sowie Catering-Unternehmen, aber auch Sozialeinrichtungen wie zum Beispiel Altersheime ausgezeichnet, die ökologisch produzierte Lebensmittel einsetzen. Auch die Zubereitung, die Kreativität der Menüs und das Marketing der Biospeisen fließen in die Bewertung ein. Ausrichter des Wettbewerbs ist das Bundesverbraucherministerium. Dessen Chefin, Renate Künast (Grüne), erläutert das Ziel des Wettbewerbs so: „Mit dem Bio-Star 2003 möchte ich Großküchen dazu ermuntern, mehr Bioprodukte in ihren Speiseplan aufzunehmen.“

Die Jury unter dem Vorsitz des Journalisten Wolfram Siebeck hat die schwierige Aufgabe, aus mehr als 60 Bewerbern, die sich bis Dezember schriftlich beworben haben, die beste Großküche zu ermitteln. Mitte Januar werden bis zu fünf Kandidaten nominiert, im Februar soll dann die Entscheidung fallen. Der 1. Preis wird für das beste Gesamtkonzept vergeben, die Plätze 2 und 3 gehen an Küchen, die wegweisende Lösungen in den Bereichen Logistik, Preisgestaltung, Speisenplanung und Vermarktung auf den Weg gebracht haben. „In dieser Kategorie fließt zum Beispiel in die Bewertung ein, wenn ein Betrieb das Essen mit Strom aus regenerativen Quellen kocht und auf Atomstrom verzichtet“, sagt Katja Stößel, Sprecherin des Wettbewerbs. Auch Catering-Betriebe, die ihre „rußende Flotte von Dieselautos auf elektrisch betriebene Fahrzeuge umgestellt haben“, können mit Extrapunkten rechnen. Honoriert werde auch, wenn nicht nur beim Einkauf, sondern auch bei der Entsorgung von Essensresten nach ökologischen Gesichtspunkten gehandelt werde. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kochwettbewerben kommt es also auf ein schlüssiges Gesamtkonzept an.

Geld ist mit dem Wettbewerb nicht zu gewinnen. Dafür gibt es Ruhm und Ehre, wenn die Sieger im März öffentlichkeits- und werbewirksam vorgestellt werden und die Auszeichnung von Renate Künast erhalten. Den Wert dieser Ehrung sieht Katja Stößel auch darin, „dass hinter diesem Preis kein einzelnes Unternehmen steckt, sondern eine unabhängige Jury, die nach objektiven Kriterien entscheidet“.

Ob der Wettbewerb auch im nächsten Jahr fortgesetzt wird, ist bislang unklar. Sicher aber ist: Je mehr Großküchen qualitativ hochwertige Speisen zubereiten, desto wahrscheinlicher wird es, dass blasses Dracula-Gemüse aus Agrarfabriken irgendwann der Vergangenheit angehört. Das wäre nur ein kleiner Schritt für eine Großküche, aber ein großer Sprung für gepeinigte Gaumen.

VOLKER ENGELS

Nähere Infos: www.oekolandbau.de