piwik no script img

Grauer Seelenverkäufer auf Zickzack-Kurs

■ Eine Umfrage auf dem schlingerndem Kahn mit dem schönen Namen Statt Partei

Hoch wogt die See, der Kapitän, kurzentschlossen kielgeholt, klammert sich noch am Ruderblatt fest. Richtungslos taumelt der graugetünchte Seelenverkäufer. Richtig: Statt Partei heißt er. Trotz akuter Kentergefahr hat sich die taz an Bord gewagt und einige Matrosen nach dem künftigen Kurs befragt. Zickzack.

Roland Mock (aufgefunden in der Arbeitsgruppe Wirtschaft, Oberdeck) fordert ein Kursbuch, „in dem die Leitlinien unseres Handelns festgelegt werden“. Anzulaufende Häfen: „Tarifreform, Abschaffung des BAT im öffentlichen Dienst, Privatisierung öffentlicher Unternehmen wie Saga und Sprinkenhof AG.“ Setzt auf den neuen Kapitän, „unseren Ansprechpartner in der Fraktion, Achim Reichert.“

Jacomo Hollinger (Fraktion Altona, Maschinenraum) freut sich darüber, daß der alte Kapitän endlich kielgeholt wurde, „eine überfällige Entscheidung“. Warnt vor dem Kurs, der im Oberdeck anvisiert wird: „Wir dürfen keine zweite FDP werden“. Statt dessen sollten die Offiziere lieber öfter mal in den Maschinenraum schauen, um die Getriebeschäden zu beheben.

Thomas Böhnke (AG Inneres und Justiz, Unterdeck links) hat unter dem alten Kapitän erheblich gelitten: „Endlich Schluß mit der ewigen Tyrannei“. Fordert liberalen Kurs in der Justiz- und Innenpolitik, Strafrechtsreform, weniger Knast, mehr Resozialisierung zunächst für Jugendliche.

Klaus Hellberg (AG Umwelt, Unterdeck rechts) freut sich darüber, daß das Schiff beim Kielholen nicht gekentert ist, und findet „das ganz gut, wie wir die Krise gemeistert haben.“ Möchte jetzt Richtung Manchester segeln, politische Probleme nach den Kriterien „praktisch, kalkulierbar, billig“ lösen. Beispiel: Müllverbrennung statt Kompostierung.

Klaus Hardraht (Justizsenator, potentieller Statt-Admiral) schwört Stein und Bein, daß er diesen Job nie im Leben übernehmen werde, noch nicht mal ein Anheuern als Leichtmatrose sei denkbar. Hat am Wochenende für kurze Zeit befürchtet, seinen Job aufgeben müssen. Falls beim Kielholen was schiefgegangen wäre, „hätte ich mir das sehr handfest überlegen müssen“. Hofft noch immer auf einen klareren Kurs der Statt Partei, hin „zu den eigentlichen Sachthemen“. uex

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen