Google wird Buchhändler: Härtere Maßnahmen gegen Filesharing
Nach langer Vorbereitung soll der Googles E-Book-Laden nun endlich starten. Parallel schmeichelt er sich bei Medienkonzernen ein.
Der Internet-Konzern Google plant bis Ende des Jahres den Einstieg in das Geschäft mit elektronischen Büchern – und macht damit Amazon (Kindle) und Apple (iPad) direkte Konkurrenz. Das Angebot namens "Google Editions" befindet sich bereits seit Monaten in Vorbereitung – es soll eine Ergänzung zum bereits verfügbaren Buch-Suchdienst Google Books werden. Wer dort ein Werk findet, das ihn interessiert, könnte es dann auch gleich elektronisch kaufen.
Google Editions ist als Web-Dienst geplant: Bücher sollen nach dem Kauf in jedem modernen Browser bereitstehen, nicht wie bei Apple, Amazon und anderen bisherigen E-Book-Firmen in einer eigenen Anwendung. Echte Downloads soll es demnach nicht geben, was laut Google-Beschreibung auch als Maßnahme gegen Urheberrechtsverletzungen dienen soll.
Das Angebot, das zunächst in den USA starten wird, beinhaltet laut einem Bericht des Wall Street Journal von Anfang an eine Mehrzahl der Titel, die bereits in anderen E-Book-Läden verfügbar sind – mit ähnlichen Preisen. Dazu soll Google Verträge mit vielen großen Verlagen abgeschlossen haben.
Zugriff auf Google Editions soll es vom Computer, aber auch von Smartphones und Tablets aus geben. Allerdings muss man sich jedes Mal mit seinem Google-Account anmelden, um an seine persönliche Bibliothek zu kommen.
Ob und wann der Dienst in Europa starten wird, ist noch unbekannt, allerdings soll es Verhandlungen in Großbritannien geben, wo Editions dann ab 2011 verfügbar sein könnte, wie der Guardian schreibt.
Der Buchverkauf ist ein logischer Schritt nach dem Ausbau der Buchsuchmaschine Google Books. Die hatte bei diversen Verlagen und Autoren zu offenem Streit geführt, weil ganze Bibliotheken gescannt wurden, ohne einzelne Genehmigungen einzuholen.
Bislang konnte Google nur eine kleine Pauschale oder die Beteiligung an – zumeist vermutlich eher mickrigen – Reklameerlösen versprechen, nun würde eine Vorschau in Google Books den Absatz der elektronischen Version des Gesamtwerks womöglich ankurbeln. Dazu braucht Google gute Stimmung bei den Verlagen.
Dass Google künftig stärker mit Medienkonzernen zusammenarbeiten will, lässt sich auch an einer anderen Entwicklung festmachen: Der Konzern schmeichelt sich bei den Inhaltevermarktern in jüngster Zeit erstaunlich offen ein.
Am Donnerstag ließ sich Hausjustiziar Kent Walker in einem offiziellen Blog-Eintrag mit der Überschrift "Wie man das Copyright online besser macht" in vier Punkten darüber aus, wie Google künftig gegen Urheberrechtsverletzungen vorgehen will. Dafür fing sich der Online-Riese prompt Lob etwa vom internationalen Schallplattenverband IPFI ein, der das "sehr positiv" findet, um "das riesige Problem" zu lösen.
Laut Walker sollen Eingaben von Rechteinhabern, Suchergebnisse aus Google zu nehmen, künftig innerhalb von 24 Stunden bearbeitet werden – allerdings bei gleichzeitig erleichtertem Einspruchsrecht durch Seitenbetreiber. Zudem soll die Autovervollständigungsfunktion künftig keine Begriffe mehr enhalten, "die eng mit Urheberrechtsverletzungen in Verbindung" stehen. Auch soll das Google-Werbesystem auf Seiten, die offensichtlich von "Raubkopierern" betrieben werden, nicht mehr zugelassen werden.
Darüber hinaus will Google die Zusammenarbeit mit Medienkonzernen intensivieren und "autorisierte Vorschau-Inhalte" stärker in Suchergebnissen hervorheben – so dass Nutzer etwa Bezahl-Content leichter finden, den die Verlage ihnen über Appetithäppchen schmackhaft machen wollen. Man wolle "sowohl Rechteinhabern als auch Nutzern" helfen, so Walker in seinem Fazit.
Zur Möglichkeit, dass Google so auch versehentlich legitime Inhalte, Stichwort: Fair Use, blockieren könnte, äußerte sich der Hausjustiziar dagegen nicht. Netzbürgerrechtler warnen bereits davor.
Jim Killock von der "Open Rights Group" befürchtete im Gespräch mit der BBC zudem, dass künftig schon das Wort "Torrent" (für per Filesharing vertriebene Dateien) zum geblockten Begriff werden könnte. Dabei werde das auch von legitimen Software-Entwicklern und Filmemachern verwendet.
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