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Gold und Rekord in 200 Meter FreistilBiedermann schlägt Phelps

In einem Start-Ziel-Sieg setzt sich Paul Biedermann 1,22 Sekunden vom Olympia-Helden Michael Phelps ab. Ausgerechnet auf dessen Lieblingsdisziplin, der 200 Meter Freistil. Und mit neuem Weltrekord.

Triumph: Biedermann freut sich über Gold und seinen Sieg über Phelps. Bild: ap

ROM dpa | Was für ein Rennen. Mit einem Start-Ziel-Sieg schlug der DSV-Schwimmer Paul Biedermann den olympischen Helden Michael Phelps mit Weltrekord auf dessen Lieblingsstrecke. Biedermann gewann das Rennen auf den Strecken, er musste es hier gewinnen, denn bei den Wenden ist Phelps technisch besser als der Deutsche. Phelps hatte sichtlich an der Niederlage zu knabbern: Er vermied zunächst jeden Kontakt Biedermann, der direkt auf der Bahn neben ihm geschwommen war.

Bei dieser WM fallen die Weltrekorde beinahe im Minutentakt. Mit vier am Dienstag sind es bereits fünfzehn. Auch Biedermann hatte auf der Schwimm-WM in Rom nicht nur den 14-fachen Olympiasieger über 200 Meter Freistil besiegt, sondern mit einer Zeit von 1:42,00 Minuten einen neuen Weltrekord aufgestellt. "Das habe ich mir in den tiefsten Träumen nicht vorgestellt", sagte Biedermann, "aber es ist einfach passiert". Der 22-Jährige aus Halle/Saale erklärte, er freue sich nun einfach.

Biedermann, der zum WM-Auftakt bereits mit Weltrekord Gold über 400 Meter gewonnen hatte, tröstete den geschlagenen Phelps: "Respekt für Michael. Er ist heute nicht in Bestform." Phelps erlitt 1,22 Sekunden und eine halbe Ewigkeit zurück seine erste Niederlage bei einem großen internationalen Rennen seit fünf Jahren. "Er bleibt für mich der größte Schwimmer", meinte Biedermann, dem Schmerzen das Sprechen schwer machten. "Ich fühle mich gut, aber kaputt."

Dann drang die ganze Freude durch bei Biedermann. "Das war meine einzige Chance, ihn zu schlagen. Das fühlt sich gut an. Es war ein großer Moment für mich." Phelps, der vor einem Jahr bei Olympia in Peking mit sieben Weltrekorden zu acht Goldmedaillen schwamm, mied die Pressekonferenz.

Noch mehr Gold

Gold mit Weltrekord holte neben Biedermann die Britin Gemma Spofforth (58,12) über 100 Meter Rücken. Weltbestmarken schon im Halbfinale markierten Italiens Star Federica Pellegrini in 1:53,67 Minuten über 200 Meter Freistil und Cameron van der Burgh (Südafrika/26,74) über 50 Meter Brust.

Die 1500 Meter Freistil gewann die Italienerin Alessia Filippi mit Europarekord in 15:44,93 Minuten. Über 100 Meter Brust siegte die Amerikanerin Rebecca Soni in 1:04,93 Minuten. Sarah Poewe (Wuppertal) wurde mit deutschem Rekord von 1:07,01 Minuten Achte.

Die Deutsche Helge Meeuw gewann zudem Silber über 100 Meter Rücken. In 52,54 Sekunden musste er über 100 Meter Rücken nur dem Japaner Junya Koga (52,26) den Vortritt lassen. Bei der Wende schien die Medaille schon weg. "Ich habe nicht gedacht, dass ich da noch als Zweiter rauskomme", sagte Meeuw.

Offenbar musste sich Phelps, der auch beim anschließenden 200 Meter-Halbfinale Schmetterling nur Zweiter wurde, erst mal fangen. "Ich bin nicht wirklich enttäuscht", sagte er später, "das ist Teil des Sports. Paul ist in besserer Form." Biedermann nahm Phelps Verhalten in Schutz: "Er kam zu mir und hat mir gratuliert, ich war stolz und fühlte mich geehrt."

Um unglaubliche 0,96 Sekunden unterbot Biedermann den alten Weltrekord von Phelps. "Der Anzug macht den Unterschied", sagte er. Biedermann triumphierte auf den prestigeträchtigen 200 Metern als erster Europäer seit Antti Kasvio (Finnland) vor 15 Jahren und ist der erste deutsche Weltmeister über die 200 Meter seit Michael Groß (1986).

Die Taktik von Biedermann war einfach. "Ich musste das Rennen von vorne schwimmen, weil Michael bei den Wenden einfach besser ist", sagte er. Nach dem Rennen erhielt Biedermann eine Nachricht von dem früheren australischen Superstar Ian Thorpe: "Es warst auch Du, nicht allein der Anzug."

Nach Recherchen der ARD vernachlässigt der Schwimm-Weltverband FINA zunehmend den Kampf gegen Doping. In Rom habe es bislang keine Blutkontrollen gegeben und es seien auch keine geplant. Seit 2003 soll die Zahl der Bluttests der FINA unmittelbar vor einer WM auf Null gesunken sein, hieß es am Dienstag in einem Bericht aus Rom unter Berufung auf Angaben der FINA.

"Wenn die Trainingskontrollen nicht wären, würde es wahrscheinlich überhaupt keine positiven Fälle geben. Die Spitzenathleten sind ja keine Dummköpfe. Wer hier bei der WM im Endlauf schwimmt und dann noch positiv ist, der ist dumm", sagte der langjährige Vorsitzende des Doping-Panels der FINA, Harm Beyer.

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6 Kommentare

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  • L
    Lars

    @Alle: Also ich kann die Skepsis gegenüber des Effektes dieser Anzüge nun nicht nachvollziehen. Natürlich ist es das Material! Von euch glaubt doch wohl niemand ernsthaft, dass der Phelps letztes Jahr die ganzen Rekorde ohne Dope geschwommen ist. Nun sind die also alle vollgepumpt bis zum Rand und da macht der Anzug eben den Unterschied aus. Und wenn das Zeug beim Einen mehr, beim Anderen weniger anschlägt, dann ist das halt Schicksal. Ihr müßt halt keinen Leistungssport im Fersehen ansehen, dann gibts auch keine Auswüchse wie sowas mehr. Ist sehr schade für den schönen Sport aber so ist das eben. Ich werde weiter meine 1000 Meter in 20 Minuten schwimmen und kann meine unterirdischen Zeiten so wenigstens plausibel durch meine ausgeprägte Brustbehaarung erklären.

  • O
    ole

    Na das war ein Toprennen von Paul. Das kann man nicht anders sagen. Ich glaube, Michael ist auch nicht so traurig darüber. Er war wirlich nicht in Top-Form, was aber beim Verlauf des bisherigen Jahres auch kein Wunder ist. Aber der hat schon soviel erreicht und wird sich den WR auf seiner Hausstrecke sicher zurückholen. Den Genuß von Marihuana sollte er sich aber vielleicht für den Abschnitt nach seiner Laufbahn aufheben...

  • P
    Philipp

    Kann da größtenteils meiner Vorrednerin nur zustimmen. Es ist für mich als Laien (und wohl auch für alle Experten) doch inzwischen einfach nicht mehr anders zu erklären als mit systematischem Doping. Punkt. Ich reg' mich darüber nur eigentlich gar nicht mehr auf. Zumindest versuche ich es.

  • K
    k.s.

    Dass nun die Weltrekorde purzeln war an fünf Fingern abzuzählen. Was wird ein Hochleistungssportler mit durchschnittlicher Intelligenz machen, wenn ein neues Sportutensil mit beinahe unheimlichen Vorschusslorbeeren bedacht wird? Richtig: Er spritzt und schluckt was das Zeug hält (das Desinteresse der Fina an Bluttests zeigt, dass an der Entdeckung von Dopingsündern kein großes Interesse besteht)und erklärt die daraus resultierende Leistungsexplosion mit der neuen Ausstattung.

  • P
    peter

    Danke Anna für das Kommentar!

    Dem ist nichts hinzuzufügen..

  • A
    Anna

    Klar, alles nur die Anzüge. Kein Doping. Das ist doch eine große, mit Verlaub, Verarschung mit diesem neuen teutonischen Superstar. Leistungsprünge von 6 sek. o.ä. lassen sich nicht mit dem Anzug erklären.Was schluckt und spritzt so ein Biedermann alles? Die Leistungssportler sehen inzwischen aus wie Monster und Mutanten. Dass sie randvoll sind ist so offensichtlich. Dreister geht es nicht. Den Monstern kommen die Wachstumshormone hoffentlich bald zu den Ohren raus. Oder wie wäre es mit der blauen Zunge als Erkennungsmerkmal wie bei "Asterix"? Ich bin angeeekelt. Leni Riefenstahl hätte ihre helle Freude an den stählernen Mutantenkorpern. Ich bin angeeekelt