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GlotzenOhne geht's auch!

Wahre Medienkompetenz beweist, wer einfach abschalten kann. Dazu muss man allerdings wissen, was die Welt außer Fernsehen und Computer noch so bietet.

Auch schon gaga? "Abschalten!" hilft, wusste schon Peter Lustig Bild: ap

Fernsehen, Computer und Internet - unsere Welt wird zunehmend von Medien beeinflusst. Nach der Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Lettern verbreiteten sich Bücher über Klostermauern hinaus. Film und Radio brachten gewaltige Schübe der Medialisierung des Alltags. Das aber ist nichts im Vergleich zu der Umwälzung, die das Zusammenwachsen verschiedener Medien heute bedeutet. Da klingt es wie Maschinenstürmerei, wenn hier die These vertreten wird: Medienabstinenz fördert den kompetenten Umgang mit Medien stärker als eine möglichst optimal gesteuerte Mediennutzung. Die Forderung liegt auf der Hand: Wenn unsere Welt in immer höherem Maße medial vermittelt ist, wenn die Medien selbst zu unserer Welt mutieren, dann müssen unsere Kinder möglichst früh medienkompetent sein. Der Gedankengang ist so schlicht, dass er kaum falsch sein kann. Die zentrale Frage in allen pädagogischen Dingen lautet jedoch: Wie gelingt das am besten? Wie machen wir unsere Kinder medienkompetent?

Einschlägige Ratgeber und wissenschaftliche Untersuchungen (Maya Götz hat sie in der aktuelle Ausgabe der Fachzeitschrift Televizion in ihrem Beitrag "Fernsehen von -0,5 bis 5" zusammengefasst) empfehlen gern, mit den Allerjüngsten noch nicht viel fernzusehen. Noch im zweiten Lebensjahr brächten Kinder realen Gegenständen und Interaktionen mehr Interesse entgegen als den Handlungen auf dem Bildschirm. Erst mit 3 Jahren gliche sich die Attraktivität an. Sie raten außerdem, dass kleine Kinder nach Möglichkeit nicht allein fernsehen sollten. Die Eltern sollten zumindest einigermaßen darüber im Bilde sein, welche Sendungen die Kinder sehen oder was sie so am Computer treiben. Überhaupt der Computer. Laut Ratgebern lernen Kinder den kompetenten Umgang mit Medien nicht in erster Linie durch das Spielen am Computer und der Konsole, sondern durch anspruchsvolle Lernsoftware. Die Kinder könnten ein Grundverständnis für das Funktionieren von Computern erwerben, indem sie die Anfänge des Programmierens beispielsweise von HTML-Seiten lernen.

Hier sei die gegenteilige These vertreten: Medienkompetenz besteht zum großen Teil darin, abschalten zu können - wie Peter Lustig am Ende seiner Löwenzahn-Sendung so schön sagt. Abschalten kann man jedoch nur, wenn man eine Idee hat, was die Welt außer Fernsehen und Computer noch ist. Sonst lernen Kinder bestenfalls umschalten. Wenn wir unsere Kinder also fit machen wollen für einen kompetenten Umgang mit Medien, müssen wir pädagogisch alles dafür tun, dass die Welt außerhalb des Mediums auch nach dem 3. Lebensjahr noch interessanter ist als das, was im Medium geschieht. So gesehen leistet der Waldkindergarten die beste Erziehung zur Medienkompetenz. Die Kinder können die Welt entdecken, den Wald erfahren, auf Bäume klettern, sich die Haut zerkratzen. Sie müssen lernen, miteinander auszukommen, weil sie sich nicht wegklicken können. Auch für die Grundschule ist sehr genau zu überlegen, welcher Einsatz des Computers wann und wie sinnvoll ist. Freilich werden Kinder lernen müssen, den Computer zu bedienen. Er ist nicht mehr wegzudenken aus unserer Welt. Aber Medienkompetenz besteht gerade darin, zu wissen, dass die Welt mehr ist als der Computer.

Henning Schluß leitet unter anderem ein DFG-Projekt, das Mitschnitte von DDR-Unterricht öffentlich macht

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