Globalisierung auf dem Spritmarkt: Normalbenzin teurer als Super

Weil die Raffinerien mit dem Spritverbrauch der USA nicht mitkommen, kaufen sie Normalsprit auf dem Weltmarkt. So verliert die bisher billigere Benzinvariante ihren Vorteil.

Und der Benzinpreis hört nicht auf zu steigen... Bild: dpa

Am Donnerstag nach Weihnachten kostete die Tonne Normalbenzin am Treibstoffhandelsplatz Nr. 1 in Rotterdam erstmals mehr als die Tonne Super. Das sei "auf den Liter gerechnet nicht viel", sagt Gabriele Radke, Sprecherin des Ölmultis Esso Deutschland. "Aber eben ein Novum." An den Tankstellen habe man den Preis für Normalsprit mit 91 Oktan "stabil halten" können. "Stabil" meint aktuell: Normalbenzin kostet an den Tankstellen 1,40 Euro pro Liter - ebenso viel wie Superbenzin mit 95 Oktan, das bis vor wenigen Wochen bis zu zehn Cent teurer war.

"Eiskalte Abzocke" nennt das der Präsident des Automobilclubs von Deutschland (AvD), Wolfgang Ernst Fürst von Isenburg. Und Bild setzte seine "Benzinwutkampagne" aus den Zeiten der Superbenzinpreisexplosion mit deftigen Schlagzeilen fort: "Schlimmste Spritpreiserhöhung aller Zeiten!", hieß es. Und dass dem Normalbenzin "das Aus" drohe.

Entscheidend dafür sei alleine das Konsumverhalten der Endverbraucher, sagt Claudia Braun, Sprecherin von Aral Deutschland. Aktuell hat sich das Verhältnis zwischen Super- und Normalbenzin bei 70:25 Prozent eingependelt. Die restlichen fünf Prozent teilen sich in Super plus und Hochleistungsbenzine auf. Doch wenn die Preise auf Dauer angeglichen blieben, sei es durchaus vorstellbar, meint Braun, dass immer mehr Autofahrer auf das höherwertige Superbenzin umstiegen, auch wenn sie eigentlich Normalbenzin tanken könnten.

Schaden würde das den Motoren nicht, erklärt Esso-Sprecherin Radke. Mit Super betankte Fahrzeuge brächten sogar "mehr Power". Aral-Frau Braun weist darauf hin, dass die Umweltbilanz beider Kraftstoffarten in etwa gleich ausfalle. Eine Verantwortung ihrer Unternehmen für den Preisanstieg für Normalbenzin in Deutschland sehen Radke und Braun nicht - und verweisen auf den Weltmarkt: In den USA sei die Nachfrage nach Normalbenzin explodiert, sagen beide Sprecherinnen übereinstimmend. Dort mangele es an Raffineriekapazitäten. Deshalb würden die großen Mineralölgesellschaften immer öfter das Fertigprodukt Normalbenzin in Rotterdam einkaufen und so die Preise global in die Höhe treiben.

Tatsächlich sind die Motoren der meisten in den USA zugelassenen Autos mit Additiven durchaus normalbenzintauglich. Allerdings sind die Bestimmungen in den einzelnen Bundesstaaten durchaus different. Deshalb mussten die Mineralölkonzerne bislang bis zu 18 verschiedene Kraftstoffe aus dem Rohöl raffinieren und an ihren Tankstellen anbieten. Dabei kam es zu Engpässen.

Dass die Mineralölkonzerne in Deutschland jetzt ihre Hände in Unschuld waschen, ändert allerdings nichts an der Tatsache, dass sie auf Dauer davon profitieren, dass sich der Preis für Normalbenzin dem für Super angeglichen hat: Verschwindet Normalbenzin ganz vom Markt, muss noch weniger Raffinerieaufwand betrieben werden.

Zudem sagen Experten voraus, dass sich auch der Dieselpreis schon bald dem gemeinsamen Preis für Normal und Super annähern werde. Ohne den Steuervorteil wäre Diesel schon heute teurer als Benzin, meint Klaus Picard, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes. Alleine die latent ansteigenden Zulassungszahlen bei den Lastkraftwagen sprächen dafür, dass der Vorjahresverbrauch von rund 30 Millionen Tonnen Diesel bald übertroffen werde - mit entsprechenden Preissteigerungen sei zu rechnen.

An der Börse in Frankfurt sprechen Branchenkenner bereits von einem Einheitspreis für Sprit - noch hinter vorgehaltener Hand. Zunächst müssten die Ergebnisse des Bleigießens an Silvester abgewartet werden.

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