: Giftliste in der letzten Runde
Am kommenden Sonntag soll der Koalitionsausschuss über konkrete Kürzungen entscheiden – damit die Bürgerschaft bei der Haushaltsberatung nicht mehr hineinreden kann und der Senat nicht allein die Verantwortung tragen muss
Bremen taz ■ Wenn heute Abend der Bremer CDU-Parteitag zusammentritt, dann wird es um die Herzog-Kommission und diverse bundespolitische Themen gehen – die Rolle der Bremer CDU in der Regierungskoalition steht nicht auf der Tagesordnung. Obwohl doch am Freitag die Staatsrätekonferenz die Entscheidung festgeklopft hat, wo der Rotstift in den nächsten Jahren mehr und wo er weniger tanzen soll. Am kommenden Samstag soll der Koalitionsausschuss diesem Szenario den höchsten politischen Segen erteilen – damit später nicht Interessenvertreter aus CDU oder SPD kommen und die Dinge neu diskutieren wollen. Der CDU-Parteitag wäre also die letzte Chance, Einfluss zu nehmen. Das ist offensichtlich nicht gewollt.
Vielleicht aus einem schlichten Grunde: Die CDU hat in den letzten Monaten schmerzhaft erfahren, dass sie mit dem Finanzressort ein Schlüsselressort abgegeben hat. Das Wirtschaftsressort, in das sich Ex-Finanzsenator Hartmut Perschau (CDU) zurückgezogen hat, bietet wenig Gestaltungsspielraum: Das Geld der nächsten zehn Jahre ist weitgehend ausgegeben oder verbindlich verplant. Perschau wird vor allem damit zu tun haben, Projekte unter regionalwirtschaftlichen Kosten-Nutzen-Betrachtungen zu überprüfen und die bisher versäumte „Erfolgskontrolle der Investitionsvorhaben“ nachzuholen. Auch die Jungsenatoren Jens Eckhoff (Bau/Umwelt) und Thomas Röwekamp (Inneres/Sport) haben erkennen müssen, wie schwer es ist, ohne einen Parteifreund im Finanzressort ihre Ressort-Interessen durchzusetzen.
Innensenator Röwekamp zum Beispiel soll vom Koalitionsausschuss erneut den Auftrag bekommen, ein Bäderkonzept vorzulegen. Das heißt im Klartext: Seine Initiative, das Horner Bad zu erhalten, ist längst nicht akzeptiert. Eckhoff soll die Zuschüsse für das Problemkind Stadtgrün bis zum Jahre 2005 um zehn Prozent kürzen und die Mittel für Projekte und Initiativen im Umweltbereich reduzieren. Bildungssenator Willi Lemke (SPD) dagegen soll Gestaltungsspielraum erhalten mit der geplanten „Bildungsverwaltungs-GmbH“, in die Berufsschulen, Sonderschulen und sonstiges Personal der Schulen ausgegliedert werden sollen. Spielraum bieten auch zehn Millionen Euro für die Profilierung Bremens im Hinblick auf das Projekt „Kulturhauptstadt“. Geld, das aber nicht der Kultursenator (Perschau), sondern die dem Rathaus angegliederte Bremer Marketing-GmbH (BMG) bekommt.
Unpopulär sind die Folgen der Haushaltsplanung 2004/2005 für alle Ressorts. Für den Bildungsbereich soll festgeklopft werden, dass die einzügigen gymnasialen Zweige an Schulzentren „aufzulösen sind“. Da ist von der „Absenkung der Eingangsbesoldung im Grundschul- und Sekundarbereich I“ die Rede, der Zuschuss für die Mittagessenversorgung in Sonder- und Ganztagsschulen soll abgeschafft werden. Lemke soll prüfen, „inwieweit die Einführung der verbindlichen Teilnahme an der verlässlichen Grundschule und die Schaffung neuer Ganztagsschulen verzögert werden können“. Und Studierende sollen eine „Verwaltungsgebühr bei Einschreibung und Rückmeldung“ zahlen.
Kultursenator Perschau hatte vor vier Wochen einen weißen Zettel für die Beratungen abgegeben, diese Kompetenzlücke hat Reinhard Hoffmann, Chef der Senatskanzlei und früher selbst Kultur-Staatsrat, schnell mit „persönlichen Anmerkungen“ geschlossen und die „gleichmäßige Beteiligung insbesondere der großen kulturellen Einrichtungen“ an den Sparzielen eingefordert.
Im Bereich des Arbeitsressorts sollen die Jugendberatungsstellen in den Stadtteilen geschlossen werden, die Zuschüsse für Arbeitslosenberatungen AGAB und Tenever werden gekürzt, der Beschäftigungsträger „Arbeits- und Jugendwerkstätten“ soll aufgelöst werden. Bei Soziahilfeempfängern sollen Umzugshilfen und Bekleidungspauschale weiter gekürzt werden, in Zusammenarbeit mit anderen Bundesländern sollen die Leistungen für Asylbewerber sinken.
Beinahe symbolische Bedeutung hat der Sparvorschlag bei der Straßenbeleuchtung: Zehn Prozent soll da gespart werden, „erforderlichenfalls auch unter Reduzierung der Beleuchtungseinheiten/-zeiten“. Keiner soll erschrecken, wenn die Lichter langsam ausgehen. Kawe