Gewalt in Syrien: UN erwägen eigene Beobachtermission
Selbst der UN-Generalsekretär droht Syrien Konsequenzen an. Die Vereinten Nationen wollen jetzt eine gemeinsame Beobachtermission mit der Arabischen Liga ins Land schicken.
NEW YORK/DAMASKUS dpa | Nach fast elf Monaten der Gewalt mit Tausenden Toten prüfen die Vereinten Nationen (UN) jetzt die Entsendung einer Beobachtermission nach Syrien. "Wir erwägen eine gemeinsame Mission mit der Arabischen Liga", sagte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon am Mittwoch nach einer Tagung des Sicherheitsrates in New York.
Zudem könnte ein UN-Sondergesandter in das arabische Land geschickt werden, in dem seit März schon etwa 6000 Menschen ums Leben gekommen sein sollen. In Syrien geht das Regime weiter gegen seine Gegner vor.
Ban habe mit Liga-Generalsekretär Nabil al-Arabi gesprochen und dieser habe gesagt, dass die Beobachtermission der Liga nach Syrien zurückkehren solle. "Er hat die Vereinten Nationen um Hilfe gebeten. Wir überlegen das jetzt und auch, ob wir einen UN-Sondergesandten nach Syrien entsenden." Details seien aber noch nicht geklärt.
Die US-Regierung bekräftigte am Mittwoch, dass sie zusammen mit ihren internationalen Partnern eine politische Lösung im Syrien-Konflikt anstrebt. Das sei der richtige Weg, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Jay Carney. Er kündigte für die kommenden Tage weitere, sehr aktive Gespräche mit Freunden und Verbündeten über die nächsten Schritte an. Ziel bleibe ein friedlicher politischer Übergang in Syrien.
Ban hatte zuvor im Sicherheitsrat eigentlich über seine Reise nach Israel und in die Palästinensergebiete berichten wollen, hatte sich aber nach Angaben von Teilnehmern ungewohnt deutlich über die von Russland und China blockierte Syrien-Resolution geäußert. Er sei zutiefst enttäuscht über die Abstimmung, damit sei das Regime von Präsident Baschar al-Assad zu neuer Gewalt ermuntert worden. Er appellierte dringend an die internationale Gemeinschaft, alles für eine Beendigung der Gewalt zu unternehmen.
117 Tote am Mittwoch
"So viele sind getötet worden. Wie viele müssen noch sterben, bevor es eine politische Lösung gibt", sagte der Koreaner nach der Sitzung. "Wir müssen dringender denn je eine Einigung finden. Wir haben zu viele gebrochene Versprechen gehört, sogar noch in den letzten 24 Stunden."
Bei der blutigen Unterdrückung der Regimegegner in Syrien wurden am Mittwoch nach Oppositionsangaben mindestens 117 Menschen getötet, berichtete der Sender Al-Arabija. Allein in der Protesthochburg Homs seien 93 Menschen ums Leben gekommen.
Entsetzt äußerte sich die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Navi Pillay, über den Einsatz von Artillerie und anderen schweren Waffen "bei anscheinend wahllosen Attacken auf Wohngebiete". Das Scheitern einer Syrien-Resolution im UN-Sicherheitsrat scheine "die Bereitschaft der syrischen Regierung verstärkt zu haben, die eigene Bevölkerung zu massakrieren, um Opposition zu zerbrechen".
Die Türkei setzt sich für einen neuen Fahrplan zur Beilegung des blutigen Konflikts ein. Nötig sei ein internationales Forum in der Region, auf dem alle wichtigen Staaten vertreten sein müssten, sagte Außenminister Ahmet Davutoglu dem türkischen Fernsehsender NTV.
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