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Gesetz zur PräimplantationsdiagnostikStreiten über "Designer-Kinder"

Am heutigen Donnerstag berät der Bundestag darüber, ob Gentests an künstlich erzeugten Embryonen vor Einpflanzung in den Mutterleib strikt verboten werden sollen - oder nicht.

Das Lager der Gegner wie der Befürworter der PID geht quer durch alle Fraktionen. Bild: dpa

BERLIN dpa | Der Bundestag berät am Donnerstag über die ethisch heikle Frage der Präimplantationsdiagnostik (PID). Es geht darum, ob Gentests an künstlich erzeugten Embryonen vor Einpflanzung in den Mutterleib strikt verboten werden sollen - oder ob begrenzt Ausnahmen möglich sind. Drei Gesetzentwürfe liegen dazu dem Parlament für eine erste Lesung vor. Das Lager der Gegner wie der Befürworter geht quer durch alle Fraktionen. In dieser Debatte ist die übliche Fraktionsdisziplin aufgehoben.

Die Befürworter einer PID-Anwendung unter strengsten Auflagen sehen in der Methode ein Mittel, um Paaren mit gravierenden erblichen Vorbelastungen die freie Entscheidung für ein Kind zu erleichtern. Die Gegner befürchten dagegen Missbrauch und warnen vor einer Zukunft mit "Designer-Kindern" aus dem Reagenzglas.

Derzeit darf PID nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom Juni 2010 angewandt werden. Zuvor war es allgemeine Auffassung, dass solche Gentests nicht erlaubt sind - auch wenn sie nicht im strengen deutschen Embryonenschutzgesetz von 1991 erwähnt werden.

Folgt man den Unterschriftenlisten der drei Entwürfe, so haben sich 178 der insgesamt 620 Abgeordneten noch auf keine Position festgelegt. Die meisten Unterstützer - insgesamt 215 - zählt bisher die Initiative der Abgeordneten Ulrike Flach (FDP), Carola Reimann (SPD) und Peter Hintze (CDU). Danach soll die Untersuchung der künstlich erzeugten Embryonen vor Einpflanzung in den Mutterleib nur dann zulässig sein, wenn ein Elternteil die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich trägt - oder falls mit einer Fehl- oder Totgeburt zu rechnen ist.

Die Abgeordneten Priska Hinz (Grüne) und René Röspel (SPD) wollen mit ihrem Gesetzentwurf diese Ausnahmen noch weiter eingrenzen. Die Tests sollen nur dann möglich sein, wenn bei einem Elternteil eine genetische Disposition vorliegt, "die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu Fehl- oder Totgeburten oder zum Tod des Kindes im ersten Lebensjahr führen kann". Dieser Antrag zählt bislang 36 Unterstützer.

Die strikten Gegner einer PID-Zulassung um Unions-Fraktionsvize Johannes Singhammer (CSU) und Birgitt Bender (Grüne) zählen bislang 192 Unterstützer - darunter Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Sie begründen ihren Gesetzentwurf unter anderem damit, dass mit dem Einsatz von PID der soziale Druck erhöht werde, "ein gesundes Kind haben zu müssen".

Familienministerin Kristina Schröder (CDU) sprach sich dafür aus, Gentests an Embryonen in begrenztem Maße zulassen, und verweist auf die seelische Notlage von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch. Sie sei überzeugt, dass die PID in Deutschland nicht generell erlaubt werden sollte, sondern nur in eng beschränkten Ausnahmefällen - zum Beispiel bei bestimmten genetischen Vorbelastungen, sagte Schröder dem Wiesbadener Kurier. "Für mich beginnt menschliches Leben erst mit der Einnistung in die Gebärmutter", fügte sie hinzu. Schröder hatte den fraktionsübergreifenden Antrag von Peter Hintze mit eingebracht.

Der warb ebenfalls noch einmal für seine Position. "Die PID ist eine wichtige medizinische Hilfe für Frauen mit einem sehnlichen Kinderwunsch, die um eine verhängnisvolle Erbanlage wissen", sagte Hintze der Mitteldeutschen Zeitung. "Für mich ist eine Zulassung der PID ein Gebot der humanitären Vernunft." Der CDU-Bundestagsabgeordnete Patrick Sensburg sagte der Zeitung hingegen: "Das Recht des menschlichen Embryos auf Leben steht über dem verständlichen Wunsch der Eltern, ein gesundes Kind zu bekommen."

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7 Kommentare

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  • KB
    Kambiz Bahramsoltani

    Ich lebe im Iran und bin seit dreißig Jahren fern vom Deutschland. Deshalb kann schwer beurteilen, was die heutigen Deutschen über solche Versuche denken. Aber das alles automatisch erinnert an "Die schöne neue Welt" von A.Huxley. Ich bin der Meinung bezügliche der Genmanipulation genau das geschehen wird, was Huxley vor ungefähr 80 Jahren vorausgesehen hatte. Es ist sehr einfach zu sagen, wir leben in einem freien Land und jeder kann für sich entscheiden, was er tun will,wie aus einem Kommentar zu lesen ist.Es bleibt aber nicht dabei, die unfruchbaren Paaren zu helfen. Man sollte vielmehr die ganze Vorgeschichte der Genmanipulation sehen;von Auslese von Pflanzen und Tieren bis zum heutigen Tag, in dem nicht nur die deutschen Wissenschaftler die Fähigkeit besitzen, menschen ähnliche Kreaturen zu erzeugen.Früher wurde die Eugenik vererteilt;ist PID nicht eine Moderne Form der Eugenik?

    mit freundliche Grüsse,

    Kambiz Bahramsoltani

  • WB
    Wolfgang Banse

    Jedes Leben ist lebenswert

    Die jüngste Geschichte dieses Landes zeigt,wie man mit Wertes und Unwertes Leben umgegangen ist.Auch behindertes Leben ist lebens-und erhaltenswert.Durch die PID wird der Druck auf werdende Eltern gross,ein gehandicaptes Kind auf die Welt zu bringen.Designer Kinder sind eintönig und farblos.Vielfalt ist gefragt.Behinderung gehört zum Alltag,sei es durch Krankheit,Alter,Unfall.Es muss alles getan werden,dass Behinderung kein Stigma ist und keine Ausgrenzung bedeutet.Du sollst nicht töten,so lautet das 5.Gebot.Diesem sollte auch Rechnung getragen werden,allein schon auf Grund der jüngsten Geschichte des deutschen Volkes

  • L
    Leser

    Wir leben in einem freien, jedem soll es selbst überlassen sein was er macht. Wir brauchen hier keine Gängelung!

  • WB
    Wolfgang Banse

    Jedes Leben sollte erwünscht sein

    Designer Kinder ist eine klare Absage zu erteilen.

    Die PID ist zu verwerfen,um des Menschen willen.

    Auch behindertes Leben sollte in einer multikulturellen Gesellschaft erwünscht sein.Behinderte Kinder sollten die gleichen Lebenschancen erhalten,wie Nichtbehinderte.

    Eine Gesellschaft ist dann als humanistisch und sozial zu bezeichnen,wenn jede und jeder ein Lebensrrecht und die Mensxchenwürde zugebilligt bekommt.

  • L
    Liam

    Und schon malen sie den Teufel wieder an die Wand.

    Wir hatten während meines Studiums ein Seminar, in dem unter anderem dieses Thema aufgegriffen wurde und das, was heute diskutiert wird, haben schon meine Kommilitonen angeführt, weswegen mir die Debatte an sich nicht neu ist.

    Es läuft darauf hinaus, daß man ein von Grund auf sinnvolles Verfahren verbieten will, weil es ein paar schwarze Schafe geben könnte, die es missbrauchen und das ist schade.

    Wer zieht denn eine künstliche Befruchtung in Betracht? Doch nur Paare, bei denen es auf „natürlichem“ Wege nicht geklappt hat oder Personen, die keinen Partner haben und alleinerziehend sein werden, wenn das Kind auf die Welt gekommen ist.

    Für Paare, bei denen es auf dem normalen Wege nicht funktioniert hat, ein Kind zu zeugen, wäre es sicherlich hilfreich, wenn sie gewisse Risiken ausschließen könnten, die zu schweren Schäden führen würden oder gar zum Verlust des Ungeborenen, denn eine künstliche Befruchtung ist zum einen teuer- und Geld macht Moal- und zum anderen auch längst nicht immer erfolgreich. Es gibt also keine Garantie, daß nur, weil der zigste Versuch endlich geklappt hat, der nächste dann auch wieder funktioniert, vor allem nicht nach einer Fehlgeburt. Vom emotionalen Stress ganz zu schweigen.

    Der andere Punkt, den man aus meiner Sicht auch nicht vernachlässigen darf, ist der der Fürsorge. Ob nun Alleinerziehende oder Paare ab einem „gehobenen Alter“: ein Kind mit Behinderungen mag das Leben genau so sehr lieben, wie jedes andere Kind, aber jemand muß sich darum kümmern, zumindest oftmals.

    Was wird denn aus einem Kind, dessen Eltern mit Mitte 30 zur künstlichen Befruchtung gegriffen haben und das womöglich schwer behindert auf die Welt kam? Wer kann mit 50 oder 60 noch für ein Kind sorgen, das zwar schon 18 oder 20 ist, aber nicht in der Lage, für sich selbst zu sorgen? Und was wird aus diesen Kindern? Wo enden sie?

    Ein Kind ist schon unter besten Umständen auch eine finanzielle Belastung. Das weiß man, wenn man sich dafür entscheidet, eines zu bekommen. Aber die Belastung wächst exponentiell, wenn es ein behindertes Kind ist und da geht es um Summen, die man oftmals nicht so einfach sein Leben lang stemmt, selbst wenn man es will.

    Bei einer regulären Schwangerschaft, die auf natürlichem Weg entstanden ist, gibt es Vorsorgeuntersuchungen, bei denen je nach Ergebnis eine Abtreibung seitens der Ärzte empfohlen wird. Empfohlen, nicht verpflichtend angeboten. Das kann man natürlich auch für die künstliche Befruchtung machen nach der Devise „Wir setzen sie erst mal blindlings ein und wenn die Untersuchungen schlecht ausfallen, na dann schlagen wir eine Abtreibung vor.“

    Ist ja auch viel humaner, dem Embryo gegenüber und auch für die werdenden Eltern, die möglicher Weise schon seit Jahren auf ein Kind hoffen, wirklich. Ich meine welche Frau will nicht mindestens ein mal in ihrem Leben eine im Vorfeld vermeidbare Abtreibung vornehmen lassen?

    Das Zauberwort hier hieße aus meiner Sicht „möglich machen“ und nicht „verpflichten“. Nur, weil man die Möglichkeit hat, etwas zu tun, ist es kein Zwang und mit entsprechenden Vorgaben kann man denke ich dem Zwang auch vorbeugen.

    Jeder, der ein Kind aufzieht, hat meinen größten Respekt dafür, aber ich verurteile auch niemanden, der sagt „Ich könnte das so nicht.“ und sich dafür entscheidet, ein womöglich lebenslang pflegebedürftiges Kind nicht zu bekommen.

    Denn Leben, das ist nicht nur atmen, essen, trinken und schlafen, das hat auch etwas mit Qualität zu tun. Ein liebevolles Umfeld ist für ein Kind sicherlich wichtiger, als 1000 Jeans bekanntester Marken. Die Fürsorge der Eltern schafft bestimmt mehr Qualität, als die 150. Barbie- Puppe. Aber wir reden hier nicht von Kindern in sozial schwachen Familien, die traurig sind, weil ihre Freunde neue Fahrräder bekommen und sie die abgelegten Turnschuhe des großen Bruders. Hier geht es um Kinder, denen im wahrsten Sinne des Wortes die Luft zum Atmen knapp werden könnte, oder die man in bereits überlastete Heime abgeben muß, weil man selbst physisch und psychisch nicht mehr in der Lage ist, sich vernünftig zu kümmern.

    Es sollte den Eltern generell freigestellt werden, ob sie die Untersuchung wollen, in bestimmten Fällen sollte man es ihnen sogar anraten, sie zu machen. Das ebnet weder den Weg für Zwang, noch dafür zu sagen „Die Eizelle nehmen wir nicht, das Kind hätte ja grüne Augen und wer will das?“

    Die, die da heute die Entscheidung treffen, könnten es sich bestimmt problemlos erlauben, noch jemanden anzustellen, der sich um ihr Kind mit schweren Geburtsfehlern kümmert, zusammen mit dem Pfleger fürs Auto, dem Rasen und dem Hund- und dem Psychiater für den Partner/ die Partnerin, weil er/ sie teilweise an den Ängsten um das Kind zerbricht, aufgefressen wird von der Sorge um „mein Kind“, aber die, die diese Entscheidung betrifft, können das nicht mal eben. Die haben schon zum Teil Jahre gehofft und gebangt und damit sollten sie wenigstens eine Wahl haben. Eine hässliche Wahl, eine schwere, aber es ist verdammt noch mal ihre!

  • F
    FAXENDICKE

    Sie begründen ihren Gesetzentwurf unter anderem damit, dass mit dem Einsatz von PID der soziale Druck erhöht werde, "ein gesundes Kind haben zu müssen".

    Was geht in diesen Polithirnen bloß vor. Wenn überhaupt ein sozialer Druck erhöht wird, dann der, dass die Frau mit Knete z.B. nach Belgien ausweicht und die Hartzerin ggf. auch noch ein behindertes Kind am Hals hat.

  • WB
    Wolfgang Bieber

    Gewichtige Gründe sprechen gegen eine Zulassung der PID. Sie eignet sich nicht für eine individualisierte Sicht auf einzelne Paare, sondern degradiert Embryonen zu Körpermaterial. Die Ethik in der Medizin muss wieder ernst genommen werden und das ärztliche Handeln darauf verpflichten, Gesundheit zu schützen und zwischen dem Nutzen und den Risiken einer Behandlung abzuwägen: http://bit.ly/gFtYZx