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Gesetz zur CO2-SpeicherungRöttgen gibt nicht auf

Bundesumweltminister Röttgen will unbedingt das Gesetz zur CO2-Speicherung durchsetzen. Nach dem Nein der Länder ruft er jetzt den Vermittlungsausschuss an.

Erfolgreich demonstriert? Die Bundesländer haben sich erstmal gegen einen CCS-Speicherung entschieden. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Bundesregierung will das Gesetz zur unterirdischen Speicherung des Treibhausgases Kohlendioxid noch retten. Kommende Woche soll das Kabinett beschließen, den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anzurufen. Das bestätigte Bundesumweltminister Norbert Röttgen (CDU). Der Bundesrat hatte das umstrittene Vorhaben im September abgelehnt und selbst kein Interesse gezeigt, über das gemeinsame Gremium einen Kompromiss zu erarbeiten.

Ohne das Gesetz kann die Technologie nicht getestet werden, die landläufig unter CCS bekannt ist - eine Abkürzung des englischen Begriffs Carbon Capture and Storage: Bei dem Verfahren würde Kohlendioxid aus Kraftwerksabgasen abgefangen und unterirdisch eingelagert.

Für Versuche hatte der Energiekonzern Vattenfall den Neubau eines Kohlekraftwerksblocks im brandenburgischen Jänschwalde geplant. Ein Sprecher des Unternehmens sagte, dass man sich von einer Vermittlung auch "Nachbesserungen" an dem Gesetzentwurf erhoffe. Vor allem die Länderklausel ist Vattenfall ein Ärgernis. Diese sollte es Bundesländern ermöglichen, die unterirdische Einlagerung von CO2 auf ihrem Gebiet zu verhindern.

Bürgerinitiativen wie "CO2-Endlager stoppen" aus Beeskow fordern weiterhin, dass die CCS-Technologie verboten wird. Beeskow ist einer der Standorte, an denen Vattenfall Kohlendioxid verpressen will.

International Probleme mit CCS

Nicht nur in Deutschland haben CCS-Projekte Schwierigkeiten sich durchzusetzen. Eines der größten Vorhaben weltweit war am schottischen Kraftwerksstandort Longannet geplant. Die von der britischen Regierung bereitgestellte Fördersumme von 1 Milliarde Pfund reicht nun voraussichtlich nicht, um das Projekt zu finanzieren. Weitere Staatsgelder will das Vereinigte Königreich aber laut einem Bericht des Guardian aufgrund der angespannten Finanzlage nicht bereitstellen.

In Italien sollte das alte Ölkraftwerk Porto Tolle auf Kohleverbrennung umgerüstet und mit einer CO2-Abscheidungsanlage ausgestattet werden. Doch das höchste italienische Gericht hob die Genehmigung im Mai mit der Begründung auf, das Projekt gefährde einen geschützten Naturpark. Anwohner und lokale Umweltgruppen hatten geklagt.

Das norwegische CCS-Vorbildprojekt am Gaskraftwerk Mongstat liegt seit März auf Eis. Bei der sogenannten Aminwäsche, die zur Abtrennung des Kohlendioxids zum Einsatz kommen sollte, wurden krebserregende Chemikalien eingesetzt. Nun soll zunächst untersucht werden, wie gefährlich das für Mensch und Umwelt ist. Die Entscheidung, ob die CCS-Anlage realisiert wird, soll erst 2016 gefällt werden.

Ob CCS dem Klimaschutz dient, ist umstritten. Die meisten Umweltverbände lehnen das Verfahren ab, der Präsident des Umweltbundesamtes, Jochen Flasbarth, findet das Verfahren nur erwägenswert, um unvermeidliches CO2 aus der Zementproduktion oder anderen Industrieprozessen vom Aufsteigen in die Atmosphäre abzuhalten.

Die großen Energiekonzerne setzen aber auf CCS, damit sie auch zukünftig fossile Kraftwerke betreiben und damit die Energiewende verzögern können. An den Standorten, die zur unterirdischen Einlagerung vorgesehen sind, gibt es meist Proteste der Bevölkerung, die Sicherheitsrisiken befürchtet.

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3 Kommentare

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  • KB
    Kai B.

    @Friesin

    Supermegastarker Beitrag!

    Danke!

     

    Die Energielobby macht es bei CCS und Atom wie die Finanzwirtschaft:

    Gewinne werden privatisiert und gigantische existenzielle Risiken und Verluste werden sozialisiert.

    Es wird Zeit, dass sich etwas daran ändert. "Occupy-Wall-Street" ist ein hoffnungsvoller Anfang!

  • F
    Friesin

    CO2-Endlager nur für CO2 aus Industrieprozessen ist nach der EU-Richtlinie nicht möglich: Es muss "diskriminierungsfreier" Zugang zu den Pipelines gewährt werden, also auch für Kohle. Außerdem sind die bestehenden Pilot-Abscheideanlagen in Heilbronn, Staudinger, Wilhelmshaven (im Bau), Jänschwalde und Niederaußem alles CO2-Abscheideanlagen von Kohlekraftwerken. RWE experimentiert übrigens in Niederaußem mit 400 verschiedenen Aminen, die krebserregend sind. Im Gegensatz zu Norwegen interessiert das in Deutschland niemanden!!! Die Abscheidung wird im Gesetz gar nicht geregelt! Das UBA hat im Juni 2011 ein Moratorium für Geo-Engineerung-Maßnahmen empfohlen (wozu auch CCS zählt) und das Hintergrundpapier "Geo-Engineering - wirksamer Klimaschutz oder Größenwahn" herausgegeben. Minister Röttgegen will die Bundesrepublik zum größten CO2-Endlager Europas machen: Unter circa die Hälfte der Fläche der BRD soll CO2 verpreßt werden, einschl. Quecksilber, Blei, Arsen, Dioxine usw. Das Motto heißt wohl: CCS ist gut, denn Katastrophen steigern das Bruttoinlandsprodukt. Vattenfall hat übrigens für Jänschwalde von der EU 180 Mio. € zugesagt bekommen - aus dem Europäischen Energieprogramm zur Konjunkturbelebung. Dänemark hat gerade Vattenfall verboten, in Dänemark ein CO2-Endlager zu errichten, auch keine Forschungs- und Demo-Anlage sind erlaubt. Österreich will CO2-Endlager verbieten, weil CCS "ein unzumutbares Risiko für Mensch und Natur" darstelle. Dänemark und Österreich haben auch keine Atomkraftwerke. Artikel 20 des Grundgesetzes wurde übrigens geändert und lautet jetzt: "Alle Staatsgewalt geht von den Energie- und Finanzkonzernen aus".

  • S
    Schlagbaum

    Das Röttgen als Umweltminister ein falscher Fuffziger ist , war doch schon vorher klar.

     

    Die Profite seiner Lobby sollen halt nicht geschmälert werden.

     

    Da wird halt das CO2 in die Erde verklappt und das Problem späteren Generationen überlassen.

     

    Röttgen, der Typ Mensch der im alten Griechenland als "greiser" Knabe bekannt war, somit im alten Denken verhaftet und mit Energiewende nichts am Hut hat.