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■ Gentechnikgegner wundern sich über ihre „uninformierten“ Kritiker im taz-MagazinBöse Absicht

betr.: „Falsche Freunde“, taz.mag vom 24./25. 8. 02

Es handelt sich bei diesem Artikel „Falsche Freunde“ um eine schlechte Ansammlung der allerältesten Vorurteile gegenüber den Kritikern der grünen Gentechnik. Reis zum Beispiel bedarf keiner Vitamin-A-Anreicherung, wenn die Leute nur eine winzige Handvoll Grünes dazu bekommen.

Statt Kunstreis vom Weltmarkt brauchen die Menschen des Südens einen gerechten Lohn, der dem Reispreis auf dem Weltmarkt entspricht, was derzeit nicht der Fall ist. Oder ein eigenes Stück Land. Der Monatslohn reicht oft noch nicht mal für eine Monatsration Reis. Gentechnisch veränderte Reissorten zu kaufen, können sich die meisten Bauern in Indien, in Bangladesch, in den Philippinnen gar nicht erlauben. Und keiner weiß, welcher „Super-GAU“, welche „pflanzliche Klimakatastrophe“ durch gentechnisch veränderte Pflanzen ausgelöst werden kann. Bis jetzt wissen wir sicher nur, dass gentechnisch veränderter Raps bestimmte Schmetterlinge tötet. Aber wir sind gegenüber nachfolgenden Generationen und auch uns selbst gegenüber in der Pflicht, zu überlegen, welche weitere Vergiftungen der Natur durch gentechnisch veränderte Pflanzen möglich werden können.

Ich wundere mich sehr, dass die taz derartig Uninfomiertes abdruckt. Ein angebliches Geschenk (den vitaminangereicherten Reis) als „Coup“ zu bezeichnen, macht deutlich, dass dieses „Geschenk“ eine pure Werbeaktion war, mit der der Westen einheimische Märkte, Anbauer und Reissorten „erobern“, also vernichten möchte. ELISABETH MEYER-RENSCHHAUSEN, Berlin

Es ist sicher nicht alles falsch, was die Herren Maxeiner und Miersch so von sich geben. Aber zu einer Auseinandersetzung hat man so recht keine Lust mehr: Man spürt die böse Absicht und ist verstimmt. Deshalb nur eine kurze Bemerkung zu ihrer Lobpreisung des genmanipulierten „goldenen Reis“, der Arme vor Tod und Erblindung bewahren soll. Wer so arm ist, dass er auf genmanipulierten Reis zur Vitamin-A-Versorgung angewiesen ist, dem wird auch meist die nötige Fettration fehlen, ohne die der Körper das Vitamin A nicht aufnehmen kann.

Warum die taz Maxeiner und Miersch über eine halbe Seite zur Verfügung stellt, um ihr neues Buch zu promoten, kann ich nicht so recht nachvollziehen. Im redaktionellen Umfeld des Focus etwa wäre der Artikel doch viel besser aufgehoben. Für weitere Bücher daher mein Vorschlag zur Güte: Werbung in der taz ja, aber nur gegen Bezahlung. Die taz-Anzeigenabteilung managt das.

KILIAN BECKER, Wegscheid

Zu wohlerzogener Verwunderung gereichen die „Falschen Freunde“ von Dirk Maxeiner und Michael Miersch. Vandana Shiva in die besserwisserische und herablassende Bourgeoisie-Ecke zu stellen, mag zwar auch in manchen Kreisen ihrer Heimat en vogue sein, zutreffend ist es darum noch lange nicht.

Mir ist keine Passage oder Äußerung von ihr bekannt, in der sie abwertend von den traditionellen (kleinen) Bauern spricht. Im Gegenteil. Sie verteidigt das in Jahrtausenden erworbene und verfeinerte Erfahrungswissen der einheimischen Bevölkerung vehement gegen die hektisch und unüberlegt übergestülpten Methoden der „fortschrittlichen“ Wissenschaft. Hat doch der berühmte Wunderreis der „grünen Revolution“ zunächst Nährstoffmangel, dann (wegen der erforderlichen vermehrten Düngung) Wassermangel, Zerschlagung der kleinbäuerlichen Strukturen und schließlich zunehmende soziale Auseinandersetzungen um Wasser- und Bodenrechte im fruchtbaren Pandschab zur Folge gehabt.

Wissenschaftliche und Wirtschaftsexperten im Verein mit interessierten Politikern ohne jede Bodenhaftung haben es geschafft, in nur 20 Jahren ein System zu zerstören, das seit über tausend Jahren das Überleben einer dichten Bevölkerung sichergestellt hatte. Darf man skeptisch sein? WOLFGANG GERSTER, Braunfels

Maxeiner und Miersch ziehen die UNDP und ihren Direktor Brown als Kronzeugen heran, um Gentechnikgegner zu Feinden der Armen in der Dritten Welt zu erklären. Wörtlich sagte Brown über Genreis, die Pflanzen hätten „50 Prozent höhere Erträge, enthalten mehr Eiweiß, leiden weniger unter Krankheiten und Dürre und wachsen ohne Kunstdünger und Pestizide.“ Das klingt sehr gut, ist aber zum größten Teil eine Projektion in die versprochene gentechnische Zukunft.

Die heute auf dem Markt angebotenen genveränderten Nutzpflanzen sind resistent gegen ein bestimmtes Pestizid (nämlich das des Anbieters) oder bilden das Insektengift Bt-Toxin. Es geht also gar nicht in erster Linie um Ertragssteigerung (außer natürlich der Steigerung des finanziellen Ertrages der Gentechnikfirmen). Und auch Kunstdünger und Pestizide sind nicht überflüssig. Bei Gensoja werden in den USA sogar mehr Pestizide aufgebracht als im gentechnikfreien Anbau. Das fand nicht Greenpeace heraus, sondern das US-Agrarministerium.

Bereits vielfach dokumentiert ist die Übertragung von Eigenschaften der Gensorten durch Auskreuzungen auf wilde Verwandte. Von diesen gibt es besonders viele in den Herkunftsländern der Kultursorten, also oft genau dort, wo die Drittwelt-Kleinbauern arbeiten.

Maxeiner und Miersch verschweigen andererseits, dass mit angepassten, ökologischen Methoden bedeutende und anhaltende Ertragssteigerungen erreichbar sind – ohne Gentechnik. Eine entsprechende umfangreiche Studie der University of Essex gab nicht Vandana Shiva in Auftrag, sondern das Department for International Development in Großbritannien.

Viele ähnliche Fakten kann man auch in einem Konferenzbericht der HU-Agrarfakultät nachlesen oder bei Brot für die Welt. Oder bei José Lutzenberger und anderen unabhängigen Geistern. Zu diesen gehören die Autoren aber offenbar nicht.

MATTHIAS BAUER, Berlin

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