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Archiv-Artikel

Geld in Unternehmertaschen

betr.: „Es gibt keinen Generationenkampf“ von Ulrike Winkelmann, taz vom 17. 7. 03

Bezüglich Ihres Artikels möchte ich anmerken, dass die Rentendebatte hauptsächlich dem Umstand anzulasten ist, dass die Rentenformel noch aus der Zeit des Wirtschaftswunders stammt und nicht mehr in eine Zeit mit faktisch sieben bis acht Millionen Arbeitslosen passt. Noch immer orientiert sich die Höhe der Rentenanpassung an der Entwicklung der „Bruttolöhne und -gehälter je Arbeitnehmer“ (Sozialgesetzbuch) – als ob es in diesem Land keine Arbeitslosen gäbe! Die Renten steigen daher relativ zur gesamten Bruttolohn- und -gehaltssumme umso stärker, je kräftiger die Beschäftigung sinkt.

Sinnvollerweise sollte sich die Höhe der Renten aber an der Bruttolohnsumme einerseits und der Zahl der Beschäftigten zuzüglich der Arbeitslosen orientieren. Ein Beschäftigungsabbau hätte bei einer solcherart umgestalteten Rentenformel nur dann höhere Renten zur Folge, wenn er nicht mit mehr Arbeitslosen einherginge. Die seit 1957 die Entwicklung der Arbeitslosigkeit ausklammernde Rentenformel machte bislang nach jeder Rezession höhere Rentenbeiträge notwendig: nach der ersten Ölkrise verminderte Helmut Schmidt 1977/78 die Rentenanpassung, nach der zweiten Helmut Kohl 1983, im Bundestagswahljahr 1994 (für dessen Rentenanpassung das Rezessionsjahr 1993 maßgebend war) geschah nichts, und in der Schröder-Stagnation muss die Rentenanpassung 2004 ausfallen; zu der es ohnehin nur aus einem Grund käme: weil es für die Rentenformel keine Arbeitslosen gibt! Sinnvoll und zeitgemäß ist diese Rentenformel nicht (mehr); aber sehr deutsch. STEFAN RIEDL, Nürnberg

Ich kann die Ausführungen von Frau Winkelmann nur unterstreichen. Auch wenn der Bundespräsident vor einer unheilvollen Frontenbildung warnt und die Sozialministerin die Rentner auffordert, solidarisch mit dem Nachwuchs zu sein, so geht es doch allen nur darum, den Streit zwar nicht eskalieren zu lassen, uns aber einzureden, eine Lösung des Problems ist nur innerhalb dieser beiden Gruppen möglich. Es kann nicht angehen, dass die Jungen, auch wenn es sicher richtig ist, dass es ihnen erheblich besser geht, als es uns in ihrem Alter ging, dafür im Alter schlechtere Bedingungen haben, weil die Strukturen sich geändert haben.

Der Nachwuchs und die Rentner müssen gemeinsam nach einer Lösung suchen, die weder den einen nach einem schwierigen Arbeitsleben die Rente kürzt noch den anderen erhebliche Lasten aufbürdet, damit sie im Alter ein sorgenfreies Leben führen können. Wir dürfen uns nicht von Politikern und Unternehmern einreden lassen, das Problem ist nur innerhalb dieser Gruppen zu lösen, damit die Unternehmen aus dem Spiel sind. Da mit weitaus weniger Beitragszahlern immer mehr produziert wird, muss das Geld aus der Tasche der Unternehmer kommen, denn da ist es.

Dem Märchen, dass die Unternehmen zu hohe Belastungen haben, sollten wir widersprechen, denn in Europa stehen wir an 10. Stelle bei Steuern und Abgaben. […] GÜNTER LÜBCKE, Hamburg