Geheimes Verfahren wegen Bankengeheimnis: Exbanker klagt die Schweiz an
Exmanager einer Steueroase zieht vor Menschenrechtsgerichtshof, um faires Verfahren durchzusetzen. In der Schweiz hindere ihn das Bankgeheimnis, sich gegen Vorwürfe zu verteidigen.
BERLIN taz Rudolf Elmer, ein Schweizer Exbanker, der unter dem Verdacht des Geheimnisverrats steht, geht in die Offensive. Am Mittwoch gab er in Berlin bekannt, dass er beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen die Schweiz und ihr Bankgeheimnis eingelegt habe. Ihm geht es um das Menschenrecht auf einen fairen Prozess - und den könne er in der Schweiz nicht bekommen. Von Deutschland erhofft er sich Unterstützung: "Es geht um 200 Milliarden Euro hinterzogener Gelder in der Schweiz. Und darum, finanziellen Schaden von deutschen Bürgern abzuwenden, die kein Schweizer Konto haben."
Elmer war bis 2002 für Julius Bär Manager auf den Caymaninseln. Dann warf ihn die Bank raus, weil sie ihn der Weitergabe von Daten verdächtigte. Dass die Kündigung unrechtmäßig gewesen sei, könne er nicht beweisen, weil er dazu unter Bankgeheimnis stehende Informationen offenlegen müsse, sagt er nun. Auf Verrat von Bankgeheimnissen steht in der Schweiz Gefängnis bis zu sechs Monaten oder 50.000 Franken Bußgeld.
Es seien Jahre betont auffälliger Observierung, Hausdurchsuchungen und Untersuchungshaft gefolgt, so Elmer. "Das war Psychoterror nicht nur gegen mich, sondern auch gegen meine kleine Tochter und meine Frau." Die Akteneinsicht sei ihm verweigert worden, es habe Verhöre ohne Anwalt gegeben, geheime Zeugenvernehmungen, die die Züricher Strafprozessordnung vorsieht, wenn der Untersuchungszweck gefährdet ist. Nun wolle er endlich Sicherheit und Gerechtigkeit für sich und seine Familie: "Ich will die geheimen Verfahren aushebeln."
Ein Sprecher des Bankhauses weist Elmers Stalking-Vorwürfe "entschieden zurück". Man habe lediglich den Absender anonymer Drohmails herausfinden wollen. Dumm nur für die Bank: Elmer besitzt offenbar einen umfangreichen Datensatz über Bär-Kunden in der Karibik. Die will er - anders als der Exmitarbeiter der Liechtensteiner LGT-Bank, der dem Bundesnachrichtendienst für 4,2 Millionen Euro Daten über deutsche Steuerflüchtlinge verkaufte - jedoch nicht der Justiz übergeben. "Ich will damit kein Geld machen und auch nicht deutsche Steuersünder ans Messer liefern", erklärt er. "Aber man braucht Beispiele, um aufzuzeigen, dass es sich nicht um ein paar Einzelfälle handelt, sondern dass die Steuerhinterziehung Methode hat." Irgendwann tauchten Kontodaten dann aber auf einer Website namens Wikileaks auf. Elmer bestreitet, dass sie von ihm stammten. Die Bank erstattete Anzeige gegen Unbekannt, die Staatsanwaltschaft klopfte bei ihm an - nicht überraschend findet das der Bär-Sprecher.
Schon ein anderer Schweizer Bankangestellter hatte zuvor Erfahrungen mit dem Bankgeheimnis gemacht: Christoph Meili, der als Nachtwächter der Schweizerischen Bankgesellschaft Unterlagen über Vermögenswerte von Holocaust-Opfern vor dem Schredder rettete. Wie gegen Elmer eröffnete die Staatsanwaltschaft Zürich auch gegen ihn ein Strafverfahren wegen Verletzung des Bankgeheimnisses. Meili erhielt politisches Asyl in den USA, wo Elmer mit ihm Kontakt aufnahm. "Er ist ein gebrochener Mann", berichtet er, und man spürt seine Angst, dass es ihm genauso gehen könnte.
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