Gegen die eigene Partei: Linker im Hungerstreik

Parteimitglied Sondermann protestiert mit einem unbefristeten Hungerstreik gegen die Linken, will damit die Rücknahme des Parteiausschlussverfahrens erreichen.

Petra Karl wollte für den Landesvorstand kandidieren, sagte Lafontaine aber nun ab. Bild: ap

FRANKFURT AM MAIN taz Es ging hoch her bei der Delegiertenwahl für den Landesparteitag der Linken Rheinland-Pfalz im Kreisverband Ludwigshafen. "Stalinisten, Wahlfälscher, Parteifeinde!", schrien die einen. "Agenten, Provokateure, Nazis!", gifteten die anderen zurück.

Die einen kommen - grob sortiert - aus der früheren WASG und sind "Anhänger eines demokratischen Sozialismus". So sieht es zumindest Wolfram Sondermann, der sich selbst zu diesem Lager zählt und dem wegen permanenter Renitenz gegen die aktuelle Landes- und Kreisparteiführung ein Parteiausschluss aus der Linken droht. Die andern dagegen, sortiert Sondermann weiter, seien "Gefolgsleute eben dieser Parteiführung aus der Gewerkschaftsecke und der DKP".

Bei gegenseitigen Beschimpfungen blieb es bei dem Parteitreffen in Ludwigshafen nicht. Die Situation eskalierte, plötzlich kam es zu Handgreiflichkeiten. Ein "Parteifreund" zog dem anderen ein Papier aus der Brusttasche. Jemand rief die Polizei. Als diese eintraf, wollte jeder jeden anzeigen. Ein Kreisvorstandsmitglied beschuldigte seinen Kollegen, die Anwesenheitsliste gestohlen zu haben. Die Zeit bis zum Eintreffen der Polizei aber nutzte das Lager um Kreischef Otto Schäfer und Landeschef Alexander Ulrich, der für die Linken auch im Bundestag sitzt, um die die Delegiertenwahl durchzuziehen.

Das entsetzte Petra Karl, die eigentlich auf dem Landesparteitag am übernächsten Wochenende für den Landesvorstand kandidieren wollte. Ihre Kandidatur hat Karl inzwischen zurückgezogen. Mit "Erpressung und Wahlbetrug" wolle sie nichts zu tun haben, schrieb sie in einem offenen Brief an die "lieben Genossen Oskar Lafontaine und Lothar Bisky".

Sondermann protestiert seit dem Wochenende gar mit einem unbefristeten Hungerstreik gegen seine Partei. Der 47 Jahre alte Diplombiologe will damit die Rücknahme des Parteiausschlussverfahrens erreichen und gleichzeitig die Partei jenseits von Rheinland-Pfalz auf die Verhältnisse im Landesverband aufmerksam machen. Mit Mandatsversprechungen vor allem an neue Mitglieder, kritisiert Sondermann, würden "künstliche Mehrheiten" hergestellt und Konkurrenten abserviert. "Bereinigungsmentalität" nennt er das.

Ulrich, der rheinland-pfälzische Landesvorsitzende, weist alle Vorwürfe zurück. Er beruft sich auf einen aktuellen Beschluss der Bundesschiedskommission der Linken im Eilverfahren. Darin stehe, dass keine Hinweise gefunden worden seien, die den Vorwurf bestätigen würden, dass die Delegiertenwahl im Ludwigshafener Kreisverband nicht korrekt durchgeführt worden sei, teilte Ulrich am Montagabend in einer Erklärung mit.

Zum Debattenstil im Kreisverband sagte er, dass er es für "gut und richtig" halte, "wenn in unserer Partei über Sachthemen diskutiert und auch gestritten wird".

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