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Archiv-Artikel

Gefesselter Prometheus

Eine Ausstellung im Gerhard-Marcks-Haus zu Schuld und Sühne in der Bildhauerei der Nachkriegszeit

Von grä

Bremen taz ■ Zum richtigen Zeitpunkt das Richtige tun: 60 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs fragt das Gerhard-Marcks-Haus, wie Bildhauer im Nachkriegs-Deutschland auf die Verbrechen des Nationalsozialismus reagiert haben. Wen haben sie dargestellt – die Opfer oder die Mitläufer, die sich als Kriegsverlierer wiederfinden? Wessen schämen sich die Figuren – der Nazigreuel oder der militärischen Niederlage? Die Antwort der Ausstellung bleibt ambivalent. Anregend ist sie allemal.

Ausgangspunkt ist eine Plastik von Gerhard Marcks: Der gefesselte Prometheus II von 1948. Kein Herrenmensch wie in den Darstellungen eines Arno Breker, sondern ein Gefesselter. Auch die Figuren Fritz Cremer, Georg Kolbe und Heinrich Schott sind Niedergedrückte. Das – unterschiedlichste Deutungen zulassende– Motiv der Fessel taucht immer wieder auf: In Gustav Seitz’ Figur „Die Gefesselte“ oder in Herbert Volwahsens „Gefesselten“, in dem er die Begegnung mit einem Zug KZ-Häftlinge verarbeitet. Viele dieser Bildhauer haben später Denkmäler für die Opfer des Faschismus geschaffen. Doch mit ihren Themen sind sie in den 50er Jahren Außenseiter. Während in der späteren DDR das Gedächtnis allmählich instrumentalisiert wird zur Verherrlichung kommunistischen Widerstands, bleibt es im Westen lange privaten Initiativen überlassen. Erst in den 80-er Jahren übernimmt auch der Staat Verantwortung für das Erinnern deutscher Schuld, zugleich beginnt die Differenzierung der Opfergruppen. Diesen Diskurswechsel nicht zu dokumentieren, ist das einzige Manko der verdienstvollen Ausstellung. grä