Gefängnis-Drohung für Menschenrechtler: Kolumbien wirft Aktivisten raus
Kolumbien weist drei Menschenrechtsaktivisten aus Deutschland und Frankreich aus. Für Präsident Álvaro Uribe ist das nicht genug: Er fordert Gefängnishaft.

PORTO ALEGRE taz Auf Kritik aus dem Ausland hat Álvaro Uribe immer schon dünnhäutig reagiert. Nun ist der kolumbianische Präsident einen Schritt weiter gegangen: Am Wochenende forderte er öffentlich ein noch härteres Vorgehen gegen ausländische Menschenrechtsaktivisten. Die Deutsche Friederike Müller sowie die Franzosen Julien Dubois und Joris Prot hätten nicht des Landes verwiesen, sondern wegen "Anstiftung zur Gewalt" verurteilt und ins Gefängnis gesteckt werden sollen, sagte Uribe in dem Städtchen Quetame.
Die drei hätten sich mit "Terroristen" zusammengetan und die Proteste von Indígenas ausgenutzt, um die öffentliche Ordnung zu stören, behauptete der Staatschef: "Hier rechtfertigen sie das Verbrechen, und im Ausland verzerren sie die Wahrheit". Der Einwanderungsbehörde DAS zufolge hätten sich Müller und die zwei Franzosen an Demonstationen streikender Zuckerrohrarbeiter beteiligt und dadurch gegen die Einwanderungsgesetze verstoßen. Müller wurde am 2. Oktober ausgewiesen, Dubois und Prot vor einer Woche.
Friederike Müller, die als Beobachterin an verschiedenen Aktionen einer kolumbianischen Menschenrechtsgruppe teilgenommen hatte, war in Cali festgenommen und ohne Zugang zu einem Anwalt verhört worden. Anschließend wurde die 27-jährige Aktivistin der Berliner "Kolumbienkampagne" nach Bogotá gebracht und ein Flugzeug nach Lima, ihrem nächsten Reiseziel, gesteckt. Noch unsanfter ging der DAS mit den Franzosen um: Vor einer Woche begleiteten Dubois und Prot den in Kolumbien ansässigen Fotografen Damien Fellois bei Protesten von Zuckerrohrschneidern. Vor ihrer Abschiebung wurden die beiden "rund 30 Stunden lang ohne Übersetzer festgehalten, 24 davon, ohne sich mit der Außenwelt verständigen zu können", berichtet "Reporter ohne Grenzen". Müller darf sieben Jahre lang nicht mehr in Kolumbien einreisen, die beiden Franzosen fünf.
Die Nervosität des Präsidenten hängt offenbar mit den Massenprotesten von Indígenas in mehreren Provinzen zusammen, die am 12. Oktober begonnen haben. Ein Brennpunkt ist die südwestliche Provinz Valle del Cauca, in der sich außerdem seit Mitte September 12.500 Zuckerrohrarbeiter im Ausstand befinden. Sie fordern bessere Arbeitsbedingungen, vor allem direkte Verträge mit den Zuckerfirmen.
Zudem meldete sich letzte Woche ein weiterer Intimfeind Uribes zu Wort: José Miguel Vivanco, der die Amerika-Abteilung von Human Rights Watch leitet. In Bogotá stellte der Chilene einen neuen Bericht vor, in dem der Konflikt zwischen Exekutive und kritischen Justizbehörden unter die Lupe genommen wird. Die Regierung führe eine "Kampagne" gegen den Obersten Gerichtshof und Teile der Staatsanwaltschaft, erklärte Vivanco, dadruch würden die Ermittlungen über die Verbindungen zwischen Abgeordneten aus dem Regierungslager und rechtsextremen Todesschwadronen torpediert. Uribe-Adlatus José Obdulio Gaviria regierte prompt: Vivanco sei ein "Feind Kolumbiens" und besorge das politische Geschäft der Opposition, sagte der einflussreiche Präsidentenberater im Radio.
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