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Gebärdenkurs für BabysVier Fäuste für ein Halleluja

Der Mutter-und-Kind-Markt ist um eine Erfindung reicher: den Gebärdenkurs für Säuglinge. Hier sollen Eltern lernen, ihren Nachwuchs zu verstehen.

Kann vermitteln, was es will: Baby mit Fertigkeiten in der Gebärdensprache. Bild: dpa

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9 Kommentare

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  • BB
    Birgit Butz

    "Spiel und Spaß mit Babyzeichen" das ist das Motto, dass ich habe, seit ich meinem Sohn Babyzeichen zeige. Meine Ideen, den Spaß den wir beim gemeinsamen Singen und Bilderbuch betrachten mit Babyzeichen haben, gebe ich jetzt an interessierte Eltern im Kurs weiter. Dann sind die ersten Babyzeichen auch "Spaß" und "Spiel".

     

    Fachliche Artikel (englisch) zum Thema findet Ihr hier:

    http://sprechende-haende.de/cms/front_content.php?idcat=158

     

    Viel Spaß mit Babyzeichen wünscht

    Birgit Butz

  • KH
    K. Hasel

    Ich find´s toll, wie gegensätzlich hier über das Thema diskutiert wird, dabei haben wir doch alle als Kinder selbst Babyzeichen gemacht. Ich find´s einen ganz natürlichen Teil, der vor der Lautsprache kommt, oder kennt ihr ein Baby, dass nicht "winke-winke" macht oder die Arme nach oben streckt, wenn´s zu Mama/Papa will? Ich hab mit meinem mittlerweile 3jährigen Sohn die erweiterte Babyzeichensprache per Buch gelernt und nur tolle Erfahrungen gemacht. Mein Sohn hat dabei nur die Zeichen gemacht, die er toll fand und die ihm nützlich waren und manchmal hat er sogar neue Zeichen erfunden, wenn ich ihm keins geliefert hab. Die Lautsprache hat er, im Vergleich mit gleichaltrigen Kindern, viel früher angefangen und er hatte recht schnell einen sehr grossen Wortschatz. Seine Erzieherin vom Kiga meinte vor kurzem, dass er bereits besser spricht als viele 4jährige. Einziger Nachteil an der Babyzeichensprache: Die Kinder können schon viel früher ihre Meinung mitteilen und mein Sohn ist mittlerweile eine richtige Quasselstrippe. Das schönste ist aber, dass er richtig Spass daran hat seinem einjährigen Bruder die Zeichen vorzumachen. Ja, wir machen wieder Babyzeichen und können´s nur weiterempfehlen.

  • J
    Judith

    Danke, Ihr beiden vom 11.8. für Eure positiven Kommentare - so brauche ich hier nichts zu wiederholen. Wer Babyzeichensprache als Schwachsinn oder gar schädigend ansieht, hat den Sinn und Zweck nicht erfasst. Babys machen sich natürlich auch ohne spezielle Zeichen verständlich, und Eltern verstehen sie intuitiv, wenn sie die Fähigkeit besitzen, wirklich auf ihr Kind einzugehen. Babyzeichensprache ist auch keine "Frühförderung", denn der Begriff setzt voraus, dass ein Baby ein Defizit hat, das es zu kompensieren gilt. Gesunde Babys haben aber kein solches Defizit. Sie besitzen aber die Fähigkit, sich sehr differenziert auszudrücken, wenn man ihnen dazu die Möglichkeit gibt - auch, wenn sie nur "wauwau" sagen können, wissen sie genau, dass eine Maus, eine Kuh oder Katze etwas ganz anderes ist. Für ein Baby ist es ein Erlebnis, sich mitteilen zu können, mitteilen zu können, was sieht, woran es sich erinnert, was es wiedererkennt etc.. Wer ein 6 Monate altes Baby belächelt, das angesichts eines Waldes über Zeichen mitteilt, dass da ein "Baum" ist, wertschätzt weder die Gedankenwelt des Babys noch seine kleinen Fähigkeiten. Meine Tochter verfügt mit 18 Monaten über einen Zeichenwortschatz von fast 200 Wörtern, allerdings zeigt sie diese immer seltener und gebraucht das gesprochene Wort (Wort-Wortschatz mit 18 Monaten ca. 80 Begriffe). Sie bildet zum Teil bereits 4- und 5-Wortsätze, ist in der Lage, Bilderbuchgeschichten selbst zu kommentieren und auch weit weg vom Buch zu erzählen, worum sich eine Geschichte dreht. Und das OHNE dazu aufgefordert zu werden, aus eigenem Antrieb und Freude am Zwiegespräch. Dabei ist sie über das Stadium "Bücher ab 18+" längst hinaus und verlangt "anspruchvollere" Literatur fürs Kindergartenalter. Ich denke nicht, dass sie in irgendeiner Weise "hochbegabt" ist oder ähnliches. Vielmehr bin ich der Ansicht, dass die allermeisten Kinder dieselben Fähigkeiten besitzen - ohne Babyzeichen nur kein Werkzeug, keine "Handhabe" im sprichwörtlichen Sinn haben, um ihrer Umwelt ihre Fähigkeiten - und Bedürfnisse - zu zeigen. Mit der Folge, dass sie häufig missverstanden und nicht wirklich ernst genommen werden. Und: Dass sie selbst nicht verstehen, was Mama und Papa eigentlich von ihnen wollen. Mein persönliches Fazit zu Babyzeichen: Sie machen Spaß und glücklich. Einen Kurs habe ich übrigens bei der "Zwergensprache" gemacht.

  • D
    Danke!

    Der Elternkult im Prenzlauer Berg ist unerträglich. Ich danke euch für Berichte wie diesen. Ganz ehrlich: was sollen das für Kinder werden, die hier man möchte fast sagen "gezüchtet" werden.

     

    Ich weiß nicht, aber ich habe als Kind den ganzen Tag draußen mit Freunden getobt und wir hatten immer eine Beschäftigung. Heute haben schon kleine Kinder einen enger gepackteren Stundenplan als ihre Eltern im Job. Eltern und Kinder werden immer und von selbst einen Weg finden, sich zu verstehen, das hat die Natur so eingerichtet - wenn man sie nur lässt!

  • U
    u.lehmann

    wir unterhalten uns hier nicht wirklich darüber, dass man mit seinem kind kommuniziert, oder?

    warum gibt es solche kurse? für menschen ohne eigenes empfinden und bauchgefühl? (multimediaroboter?)

    oh gott!!!! wo sind wir? für mich die bestätigung in wie weit sich der mensch von der natur entfernt hat. der kurs kommt aus den usa? prima! woher sonst. geniesst eure dummheit und bezahlt sie teuer,

     

    herzlichst,

    u.lehmann

     

    przl.berg war schön

  • WF
    wille Felix Zante

    Beachtenswert vor allem, dass die Kinder hörender Eltern als "gesund" bezeichnet werden, als ob die Kinder gehörloser Eltern, unabhängig von ihrem Hörvermögen, automatisch auch "krank" wären. Bitte was?

  • L
    Lesermeinung

    Mir hat der Tonfall Ihres Berichts ebenfalls wenig zugesagt, schade - dass es so schwer scheint, über dieses Thema wertneutral zu berichten.

     

    Ich habe mit meinem Kind Babyzeichen im Selbstlern-Verfahren mithilfe eines Buches gemacht und kann nur von positive Erfahrungen berichten. Ganz pragmatisch hat es mir geholfen, mit meinem Kind im Alltag zu kommunizieren.

     

    Meine persönliche Erfahrung mit Babygesten hat mir gezeigt, dass mein Kind genau die Zeichen schnell gelernt hat, die es interessiert haben, unabhängig davon, wie häufig ich Zeichen verwendet habe, die ich für praktisch befand. Insofern kann so ein Kurs sich wohl auch nur an die Eltern richten und weniger an die Kinder. Das Vermitteln der Zeichen an die Kinder kommt danach im Alltag.

     

    Zuerst kamen bei meinem Kind mit damals 7 Monaten etwa 6 Wochen nach der Einführung die Zeichen für Baum, Kran (der auf der Baustelle vorm Kinderzimmerfenster sichtbar war), Blume, mehr und Licht. Mit 15 Monaten war das Repertoire auf gut 100 Zeichen angewachsen. Im zunehmenden Maße, wie die gesprochene Sprache kam, verschwanden die Zeichen. Mit 18 Monaten war dann fast nur noch gesprochene Sprache angesagt.

     

    Gesten und Zeichen umgeben uns und unsere Kinder alltäglich, angefangen vom Kopfnicken und Winke-Winke machen. Und ich möchte darauf wetten, dass die allermeisten Eltern, die ihren Kindern das Wort "Auto" erklären, "brumm-brumm" dazu machen und dazu Lenkbewegungen mit den Händen zeigen (und das wäre dann auch schon das Babyzeichen für Auto... es ist wirklich kein Hexenwerk!).

     

    Ich finde es traurig, dass alles immer auf den magischen Begriff Frühförderung hinauslaufen muss und würde mir wünschen, Eltern gingen etwas gelassener an die Sache. Wer sich für Babyzeichen entscheidet, wird sich zwangsläufig intensiv dem Baby beschäftigen, denn für Babyzeichen sucht man Blickkontakt und muss sich dem Kind aktiv zuwenden. Vielleicht macht es allein dieses kleine Plus an Aufmerksamkeit durch den Erwachsenen aus, welches die Kommunikation fördert?

  • S
    Sabine

    Dieses Thema wurde meines Erachtens sehr einschichtig von euch betrachtet. Es ist natürlich einfach, so klischeebehaftet darüber zu berichten: Prenzlauer Berg, engagierte Mütter, bestmögliche Förderung für das eigene Kind usw. Man hätte aber auch über Aspekte zu diesem Thema berichten können, die durchaus würdig sind, erwähnt zu werden und eine einseitige Berichterstattung vermieden hätten.

    Ich habe Gebärdensprache studiert und benutze Gebärden im Alltag mit meinem Kind seit jeher. Und wisst ihr warum: weil es Spaß macht! Und weil ich das Gefühl habe, dass es mich besser versteht. Der Gebrauch von Gesten in der Kleinkindpädagogik ist doch auch nichts Neues: in nahezu jeder Krippe und in jedem Kindergarten wird man beobachten können, wie zu Liedern spielerisch gebärdet wird. Von Überforderung und Reizüberflutung würde hier niemand sprechen. Eher im Gegenteil: Kinder sind für visuelle Reize sehr empfänglich. Dass sich die Babys im Kurs eher für die anderen Babys interessieren als für die Kursleitung, überrascht mich nicht. Wenn ich es richtig verstanden hab, sollen ja auch die Eltern im Kurs die Gebärden lernen und aufmerksam sein.

    Dass Gebärdensprache die Lautsprachanbahnung behindert ist schon eine Fehlannahme in der Gehörlosenerziehung gewesen. Glücklicherweise gibt es langsam neue Ansätze hin zur Gebärdensprache...Im Übrigen lernen die Eltern in diesem Kurs ja scheinbar auch nicht die Gebärdensprache, sondern einzelne Gebärden aus dieser. Jede Mutter weiß, dass irgendwann eine Phase kommt, in der das Kind irgendwie viel versteht aber noch nicht sprechen kann. Es gestikuliert herum und quengelt und will verstanden werden. Als Mutter rätselt man rum und hofft, dass die Phase kurz ist. Und wenn das Kind hier eben eine bedeutungsvolle Geste einsetzt, eine Gebärde, die die Mutter versteht, weil sie Teil der gemeinsamen Kommunikation ist, erlebt das Kind, dass es verstanden wird, wenn es Dinge benennt. Und darum geht es doch beim Spracherwerb auch! Kinder versuchen doch ständig, sich mitzuteilen, was sie möchten oder was sie sehen. Haben Sie eine Ahnung, wie frustreich das manchmal sein kann, wenn man einfach nicht drauf kommt, was gemeint ist? Solche Momente gibt es ganz klar auch noch mit Gebärden aber weniger!

    Es ist also meiner Meinung nach kein weiteres Angebot im Förderwahn sondern kann die Kommunikation einfach ergänzen und bereichern. Ohne geht’s auch, na klar. Aber mit Gebärden macht es auch Spaß. Es kann Lieder singen und Bücher anschauen einfach um so vieles interessanter und lebendiger machen.

  • L
    Linguafranca

    Die korrekte Übersetzung für "sign language" ist Gebärdensprache, nicht Zeichensprache! Das geht im Text durcheinander. Sprachliche Zeichen gibt es in allen Sprachen, in Gebärdensprachen wie in Lautsprachen.