Galerie im Körnerpark / nGbK: Kunst versus Kolonialismus: Die Gruppenausstellung „Reframing Worlds“
Dass das koloniale Unternehmen Europas nicht nur ein militaristisches, sondern auch ein archäologisches war, steht mit den aktuellen Debatten um Provenienz außer Frage. Manch andere Verquickungen wissenschaftlicher Disziplinen und kultureller Phänomene illustrierte letztes Jahr auf der abc-Messe Lisl Pongers Fotoarbeit „Wild places“ (2001). Ein Arm wird down the list tätowiert: „Missionary,Mercenary,Ethnologist,Tourist,Artist“. Wo einst die Armchair-Anthropologie aus der Ferne den Primitivismus in die Welt spekulierte, sitzt heute so manches mal die Kunst herum und kriegt den Hintern nicht hoch. Oder aber sie setzt sich, wie derzeit in der Doppelausstellung „Reframing Worlds: Mobilität und Gender aus postkolonial, feministischer Perspektive“ zur Komplexität der Machtkonstellationen, auch unter Frauen, in Beziehung. Hasan Aksaygın und Aykan Safoğlu recherchierten zur Archäologin Virginia Grace, bekannt für ihr auf den Griffen antiker Amphoren basierendes Datierungssystem und später mit der CIA involviert. Grace’ Verfahren ist in eine Cyanotypie übersetzt: Athene, Gaya und Hermes schweben im Wasser zwischen im Mittelmeer angeschwemmten Objekten. Im „hochspekulativen Plastikzeitalter“, wie Aksaygın und Safoğlu es nennen, ist es der Müll im Meer, der Hinweise auf ungleiche Handelsbeziehungen birgt. Nathalie Anguezomo Mba Bikoro und Anaïs Héraud-Louisadat inszenieren in ihrer Raumarbeit „Auf den Trümmern des Paradieses“ Diskursapparate aus dem frühen 20. Jahrhundert. Wie der Titel, der auf eine verschollene Karl-May-Verfilmung von 1920 anspielt, erinnert auch eine Schreibmaschine an das Genre Abenteuerroman, das den Rassismus der Wissenschaft in die Wohnzimmer projiziert(e). Hier ist man eingeladen, das Werkzeug für ein neues Drehbuchs umzufunktionieren und sich im „Re-Worlding“ zu versuchen. nym
Bis 21. 1. nGbK: tgl. 12–19 Uhr, Mi–Fr 12–20 Uhr, Oranienstr. 25; Galerie im Körnerpark: tgl. 10–20 Uhr, Schierker Str. 8
9. 12., 19 Uhr, Talk mit Aïcha Diallo und Maria Do Mar Castro Varela: „Koloniale Begegnungen Postkoloniale Reflexionen“.
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