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Archiv-Artikel

GEWINNE UND VERMÖGEN WERDEN SEIT LANGEM ZU GERING BESTEUERT Eichels verlorene Jahre

Das neuerliche Loch im Staatshaushalt ist nicht das Ergebnis einer schicksalhaften Entwicklung. Und das magere Wirtschaftswachstum kann nur als eine Ursache unter mehreren gelten. Beachtung verdient vielmehr der langfristige Verlauf: Seit zwei Dekaden gehen die Steuern auf Unternehmensgewinne und Vermögen kontinuierlich zurück – auch unter der rot-grünen Bundesregierung. Nach 40 Prozent im Jahre 1980 wurden diese Gewinne 2001 noch mit real 23 Prozent Steuern belastet. Die real gezahlte Lohnsteuer blieb dagegen mit 12 Prozent auf ungefähr derselben Höhe.

Das sollte im Kopfe haben, wer in diesen Tagen über die Staatsschulden spricht. Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) steckt in der Klemme: Auch im ersten Quartal dieses Jahres sind die Steuereinnahmen zurückgegangen. Folglich nehmen die Defizite in den öffentlichen Haushalten von Bund, Ländern und Gemeinden zu. Ein Nachtragshaushalt mit zusätzlicher Neuverschuldung scheint auf Bundesebene unausweichlich – ein Zeichen, dass Rot-Grün wieder unrealistische Zahlen verwendet hat. Diese Entwicklung wird sich so lange fortsetzen, wie die Bundesregierung nicht den Mut aufbringt, die große Linie zu verändern. Unternehmensgewinne und Einnahmen aus Kapitalbesitz müssen moderat, aber wirkungsvoll in einer Höhe besteuert werden, die es auch in Zukunft ermöglicht, die öffentlichen Gemeinwesen zu finanzieren. Dazu passen nicht die Senkung der Zinssteuer auf 25 Prozent, die weitgehende Reduzierung des Spitzensteuersatzes und die Steuerbefreiung für große Vermögen.

Natürlich ist dabei Vorsicht geboten: Es kann nicht darum gehen, in linksdogmatischer Art die Steuerbelastung für die Wohlhabenden in muntere Höhen zu schrauben. Aber so viel muss klar sein: Einsparungen und Belastungen sollen gleichmäßig verteilt werden. Freilich ist zu vermuten, dass in dieser Legislaturperiode weiter eher das Gegenteil passiert. Rot-Grün hat andere Prioritäten gesetzt. Und das, was die Bundesregierung beim Abbau von Subventionen in die Wege geleitet hat, wird von der CDU-FDP-Opposition in den Ländern blockiert. Eine verlorene Zeit für eine vernünftige Steuerpolitik. HANNES KOCH